USA: Dominique Strauss-Kahn hofft auf Rehabilitierung

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Die Einstellung des Verfahrens in der Affäre steht möglicherweise bevor. Der ehemaligen Chef des IWF, Dominique Strauss-Kahn, könnte noch bei der Vorabstimmung der Sozialisten für die Präsidentenwahl kandidieren.

New york/Wien/Ag/Aga. In der Vergewaltigungsaffäre um den ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat sich die New Yorker Staatsanwaltschaft nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Filmreif wurde der damalige Hoffnungsträger der französischen Sozialisten wegen angeblicher versuchter Vergewaltigung am 14.Mai auf dem New Yorker Flughafen verhaftet. Minuten, bevor seine Maschine nach Frankreich abheben sollte. Fernsehbilder zeigten danach einen gebrochenen Mann, der es – wie kaum einer vor ihm – in wenigen Stunden geschafft hatte, von ganz oben nach ganz unten zu fallen.

Nun, nur etwas mehr als drei Monate später, hat sich das Blatt gewendet: Auch nach wochenlangen Ermittlungen ist es dem zuständigen New Yorker Staatsanwalt Cyrus Vance nämlich nicht gelungen, den Vorwurf der Klägerin – erzwungener Oralsex in einer New Yorker Hotelsuite – zweifelsfrei nachzuweisen. Es bliebe ihm daher gar nichts anderes übrig, berichteten US-Medien einstimmig, als dem Richter bei der für heute, Dienstag, angesetzten Anhörung darzulegen, dass die Vorwürfe gegen Strauss-Kahn nicht über ein zulässiges Maß an Zweifeln hinaus bewiesen werden können. Gestern wurde die Klägerin Nafissatou Diallo in die Büros der New Yorker Staatsanwaltschaft bestellt, wohl, um ihr die bevorstehende Beendigung des Ermittlungsverfahrens mitzuteilen, wie ihr Anwalt vermutete. Schon vor Wochen waren erste Zweifel an der Glaubwürdigkeit der 32-Jährigen aufgetaucht: So soll sie laut Angaben der Staatsanwaltschaft unter Eid gelogen haben, unter anderem in Zusammenhang mit Anträgen auf ihre Aufenthaltserlaubnis in den USA.

„Letzter Akt der Verzweiflung“

Zudem verstrickte sie sich bei den Vernehmungen durch die Polizei in Widersprüche, was den Tathergang betrifft. Diallo soll zunächst verschwiegen haben, dass sie nach der angeblichen versuchten Vergewaltigung durch DSK in der Sofitel-Suite ein anderes Zimmer putzte, ehe sie ihren Vorgesetzten von dem Vorfall informierte. „Jedesmal, wenn wir Frau Diallo mit einer Lüge konfrontierten, beschuldigte sie jemand anderen, ihr zu dieser Lüge geraten zu haben“, so ein hoher Beamter der Staatsanwaltschaft zur „New York Times“.

Am Freitag berichteten dann mehrere Medien über angebliche Geldforderungen Diallos im Gegenzug für eine Schließung der Akten. So schrieb etwa das „Wall Street Journal“, dass DSKs und Diallos Verteidiger zu geheimen Treffen zusammengekommen seien, um die Summe zu verhandeln.

Die Anwälte der Klägerin, Kenneth Thompson und Douglas Wigdor, bestritten das vehement. Thompson will nun sogar die Ernennung eines Sonderstaatsanwalts beantragen, weil der Staatsanwalt den Fall schlecht gehandhabt habe. Rechtsexperten bezeichneten dieses Vorgehen als „letzten Akt der Verzweiflung“.

Wird das Verfahren mit dem heutigen Tag tatsächlich eingestellt, könnte DSK ein Flugzeug in seine Heimat Frankreich besteigen. Doch zuerst, hieß es, wolle der 62-Jährige nach Washington reisen – als Chef des IWF sein eigentlicher Wohnort vor dem 14.Mai – sagt sein Biograf Michel Taubman im Gespräch mit der Zeitung „Le Monde“.

Besuch beim IWF

„Er möchte mit seinen früheren Kollegen im IWF sprechen, sich für die Unterstützung bedanken und einige Dinge klären“, so Taubman, der DSK am Samstag getroffen hat. „Er sprach zum ersten Mal über andere Dinge als die Vergewaltigungsaffäre, er sagte mir etwa, dass er wegen der weltweiten Finanzkrise sehr beunruhigt sei“, berichtet Taubman. Überhaupt sei DSK wieder besser in Form, habe abgenommen und sehe – nach einem Kurzurlaub im Westen der USA mit seiner Frau Anne Sinclair – einigermaßen erholt aus.

Doch auch in seiner Heimat droht eine Misere: In Frankreich hat ihn die Autorin Tristane Banon wegen versuchter Vergewaltigung angezeigt, die während eines Interviews im Jahr 2003 stattgefunden haben soll. Sollten diese Vorwürfe im Sand verlaufen, könnte DSK es doch noch als Präsidentschaftskandidat der Parti Socialiste (PS) versuchen, hieß es am Montag aus Paris. „Das kommt auf ihn an“, sagte François Hollande, derzeitiger Favorit für die Vorwahlen der PS im Herbst.

Auf einen Blick

Dominique Strauss-Kahn, ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds, wurde am 14.Mai wegen angeblicher versuchter Vergewaltigung eines New Yorker Zimmermädchens festgenommen, später aber wegen Glaubwürdigkeitsproblemen der Klägerin wieder freigelassen. Heute, Dienstag, könnte das Verfahren eingestellt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2011)

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