Griechen-Hilfe: Wiener Regierung spielt auf Zeit

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SPÖ und ÖVP können sich mit der Opposition nicht über die Griechenland-Hilfe einigen. Daher soll im Parlament erst 2012 über den ständigen Euro-Rettungsschirm ESM abgestimmt werden.

Berlin/Wien. Gleich nach der Rückkehr aus dem Sommerurlaub werden sich auch Österreichs Abgeordnete mit den Hilfszahlungen für Griechenland beschäftigen müssen. Wann im Parlament darüber abgestimmt wird, steht noch nicht fest. Der Zeitplan soll voraussichtlich Anfang September festgelegt werden. Während in anderen Ländern heftig über die Milliardenpakete für die Griechen und andere südeuropäische Länder gestritten wird, ist es in Österreich vergleichsweise ruhig.

Das hat einen Grund. Denn die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben sich darauf geeinigt, dass im Wiener Parlament die beiden europäischen Rettungsschirme EFSF und ESM voneinander getrennt behandelt werden. Die Abstimmung über die Aufstockung des provisorischen Hilfsfonds EFSF (gültig bis Mitte 2013) soll wie geplant diesen Herbst über die Bühne gehen. Dafür reicht im Nationalrat die einfache Mehrheit.

Grüne stellen Bedingungen

Wesentlich kritischer wird die Situation beim ständigen Schutzschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), der ab Juli 2013 den EFSF ersetzen wird. Dafür bedarf es im Parlament einer Zweidrittelmehrheit. Das bedeutet, dass die Regierung auch eine Oppositionspartei überzeugen muss.

FPÖ und BZÖ haben bereits ihre Zustimmung ausgeschlossen. Und die Gespräche mit den Grünen sind bislang erfolglos geblieben. Daher soll im Parlament über den ESM wesentlich später abgestimmt werden. In Regierungskreisen heißt es, dass man hier bis Ende 2012 Zeit habe, weil der ESM ohnehin erst im Sommer 2013 in Kraft tritt. „Eine solche Verschiebung ist nur halbschlau“, kontert Werner Kogler, Finanzsprecher der Grünen. „Die Regierung hat damit zwar etwas Zeit gewonnen, doch wir werden von unseren Bedingungen nicht abrücken.“ SPÖ und ÖVP seien gut beraten, „sich mit uns zu einigen“, sagt Kogler.

Konkret verlangen die Grünen, dass im ESM festgeschrieben wird, dass bei Rettungspaketen für angeschlagene Staaten private Gläubiger verpflichtend zur Kasse gebeten werden. Bei Griechenland gab es eine freiwillige Lösung, was den Grünen zu wenig ist. Als zweite Bedingung für ihre Zustimmung fordert die Oppositionspartei die Einführung von europäischen Staatsanleihen (Eurobonds). Doch SPÖ und ÖVP wollen von Eurobonds nichts wissen. Zudem verweisen sie darauf, dass dieses Thema nur im europäischen Kontext gelöst werden kann.

BZÖ und FPÖ freuen sich darüber, dass die Abstimmung über den ESM bis 2012 vertagt wird. Denn 2013 wird in Österreich ein neuer Nationalrat gewählt. Vor allem die Freiheitlichen treten als erklärte Gegner der europäischen Schutzschirme auf. Je näher der Abstimmungstermin zum Urnengang rückt, umso mehr werde sich der Wahlkampf mit der Eurokrise beschäftigen, hofft die FPÖ.

Die größten Probleme bei der Griechenland-Hilfe bereiten derzeit die Finnen. Am Dienstag wurde bekannt, dass sich Vertreter der EU-Länder noch in dieser Woche zu Krisengesprächen über die Sondervereinbarung zwischen Griechenland und Finnland treffen werden. Die beiden Länder einigten sich darauf, dass Finnland für die in den Rettungsfonds EFSF eingezahlten Gelder Sicherheiten bekommt.

Gerichtshof zu Griechen-Hilfe

Dagegen legen sich Österreich und zahlreiche andere Staaten quer. Bis spätestens Ende Oktober soll das Okay aller Euromitglieder zum EFSF vorliegen. Es ist aber fraglich, ob der Zeitplan halten wird. Anders als in Österreich werden viele Länder gleichzeitig über den EFSF und den ESM abstimmen.

Spannend wird es am 7.September. Dann wird in Deutschland der Bundesverfassungsgerichtshof das Urteil zu den Klagen gegen die Griechenland-Hilfen bekannt geben. Geklagt haben fünf als Euroskeptiker bekannte Professoren. Sie orten eine Verletzung des deutschen Verfassungsrechts.

Auf einen Blick

Das Wiener Parlament wird sich zweimal mit den europäischen Rettungsschirmen beschäftigen müssen: Im Herbst soll über den provisorischen Hilfsfonds EFSF abgestimmt werden. Dafür reicht eine einfache Mehrheit. Spannender wird es beim ständigen Schutzschirm ESM, über den 2012 entschieden wird. Hier muss die Opposition zustimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2011)

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