Helmut Kohl kritisiert Außenpolitik der Berliner Regierung

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Kohl wirft der schwarz-gelben Regierung Unberechenbarkeit und generelle Orientierungslosigkeit vor. In einem Interview monierte Kohl, dass „Deutschland sei schon seit Jahren keine berechenbare Größe“ mehr.

Berlin/Wien/Ag. Für das „Forbes“-Magazin ist die deutsche Bundeskanzlerin in diesem Jahr zwar wieder die mächtigste Frau der Welt – im Heimatland bläst Angela Merkel aber kalter Wind entgegen: Nachdem die CDU-Chefin in den vergangenen Wochen heftige Kritik mehrerer Parteifreunde einstecken musste, zeigt sich nun auch ihr ehemaliger Mentor, Exkanzler Helmut Kohl, äußerst unzufrieden. Er kritisiert vor allem den derzeitigen außenpolischen Kurs der Regierung.

In einem Interview mit der Zeitschrift „Internationale Politik“ monierte Kohl, dass „Deutschland schon seit Jahren keine berechenbare Größe“ mehr sei – „weder nach innen noch nach außen“. Er bezog sich dabei insbesondere auf die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat zum Militäreinsatz in Libyen. Der 71-Jährige wirft der Regierung zudem generelle Orientierungslosigkeit vor. Wer keinen Kompass habe, könne auch nicht sagen, wo er hinwolle. Dafür seien auch die „enormen Veränderungen in der Welt keine Entschuldigung“.

Merkel wies Kritik zurück

Merkel wies die Kritik des Altkanzlers entschieden zurück: Jede Zeit habe eben ihre spezifischen Herausforderungen, sagte sie in einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“. „Die christlich-liberale Regierung arbeitet daran, die Herausforderungen unserer Zeit zusammen mit anderen Partnern in Europa und der Welt entschlossen zu meistern.“ Schon zuvor hatte sich Außenminister Guido Westerwelle (FDP) im ZDF zu Wort gemeldet: Von einem Vergessen des Kurses oder Kompasses könne nicht die Rede sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2011)

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