Spielautomaten: Wiens Unglück mit dem kleinen Glück

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Die SPÖ-Basis will ein Spielautomaten-Verbot in der Bundeshauptstadt. SP-Stadträtin Ulrike Sima will das aber nicht umsetzen, sondern nur die Zahl der Geräte reduzieren. Eine Analyse.

Im Gebälk der mächtigsten SPÖ-Landesorganisation bahnt sich ein gewaltiger Krach an. Die Wiener Stadträtin Ulrike Sima arbeitet derzeit nämlich an einem Gesetzesentwurf, der einem eindeutigen Auftrag des SP-Landesparteitages – des höchsten Gremiums der Partei – zuwiderlaufen würde.

Es geht um das Automatenglücksspiel in der Bundeshauptstadt. Auf dem Parteitag Ende Mai hatte die SP-Basis nämlich auf Antrag von Jungfunktionären der Alsergrunder „Sektion 8“ für ein Verbot des „kleinen Glücksspiels“ zu stimmen – also jener Spielautomaten, aus denen Steuereinnahmen direkt in das Stadt-Budget fließen. Denn Spielsucht ruiniere besonders „jene Menschen, von denen man früher einmal gesagt hat: Für die ist die SPÖ da“, hieß es damals in der Begründung von Sektion-8-Chef Nikolaus Kowall.

Diesen Beschluss dürfte Sima, in deren Ressort die Verwaltung des Glücksspiels in Wien fällt, jetzt ignorieren. Ersten Entwürfen für ein neues Wiener Glücksspielgesetz zufolge, die vergangene Woche öffentlich wurden, soll zwar das Aufstellen einzelner Automaten in Lokalen verboten werden – Automatensalons soll es aber weiterhin geben dürfen. Ein Totalverbot des Automatenspiels in der Hauptstadt sei rechtlich unmöglich, heißt es aus Simas Umfeld.

4800 „kleine“ Spielautomaten

Das ist so freilich nur teilweise richtig. Rechtlich gibt es drei verschiedene Arten von Spielautomaten: Erstens jene in Casinos (in Wien stehen 174 davon im Casino in der Kärntner Straße). Zweitens österreichweit vernetzte „Video-Lotterie-Terminals“, die von den Österreichischen Lotterien betrieben werden (in Wien gibt es davon derzeit keine – und gegen den Willen der Stadt werde man auch keine aufstellen, versichert Lotterien-Chef Friedrich Stickler). Beide Arten fallen unter die Jurisdiktion des Bundes – und hängen an den entsprechenden Casino- und Lotteriekonzessionen, die derzeit neu ausgeschrieben werden. Und dann gibt es da jene Automaten, die unter dem Begriff „kleines Glücksspiel“ von den Ländern erlaubt oder untersagt werden dürfen: Rund 4800 dieser Automaten sind in Wien derzeit genehmigt – sie stehen entweder in Lokalen oder gesammelt in Automatensalons.

Und eben diese Automaten, also die überwiegende Mehrheit, könnte die Stadt Wien dem Finanzministerium zufolge per Landesgesetz einfach verbieten – wie es derzeit noch Salzburg, Tirol und Vorarlberg tun. Strittig ist allerdings, ob das nur für neue Automaten gilt oder auch für bestehende. Der Haken an einem Verbot wäre freilich, dass die Stadt so auf 55 Mio. Euro verzichten müsste – jenem Geld, das sie jährlich, über den Umweg des Finanzausgleichs, aus der Automatenabgabe lukriert.

Genau das will Sima – in ihrem Büro will man das Thema mit Verweis auf Gespräche mit dem grünen Koalitionspartner nicht kommentieren – nicht, womit sie gegen den Beschluss ihres Parteitages verstößt. In der „Sektion 8“ heißt es dazu zwar, dass der aktuelle Entwurf ein „Fortschritt“ gegenüber dem Status quo sei – trotzdem müsse aber gemäß dem Parteitagsbeschluss ein vollständiges Verbot her, soweit das die Stadt beschließen kann. Der Fall sei ein „mustergültiges Exempel für die parteiinternen Demokratiedefizite der SPÖ“, heißt es in einer Aussendung der Sektion.

Hohe Suchtgefahr

Zuletzt zeigte eine Untersuchung des deutschen Suchtforschers Jens Kalke, dass der Anteil pathologischer Spieler an Automaten außerhalb von Spielhallen bei 15,5 Prozent liegt – und noch einmal 17,7 Prozent aller Spieler an solchen Automaten ein „problematisches“ Verhalten aufweisen. Damit stellen einzelne Automaten die suchtgefährlichste Glücksspielart dar, gefolgt von Automaten in Spielhallen, an denen rund 13,5 Prozent der Spieler pathologisch süchtig sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2011)

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