Demo gegen Flughafen-Piste: "Ökologischer Anschlag"

PROTEST GEGEN DRITTE PISTE AM FLUGHAFEN-SCHWECHAT
PROTEST GEGEN DRITTE PISTE AM FLUGHAFEN-SCHWECHAT(c) APA/ERNST WEISS (Ernst Weiss)
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Die Verhandlung der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Bau einer dritten Piste in Schwechat hat begonnen. Anrainer machen dagegen mobil. Für den Flughafen gebe es keine Alternative, betont der Betreiber.

Am Montag ist die Entscheidung über den Bau einer dritten Flughafen-Piste in Wien-Schwechat in eine entscheidende Phase gegangen: Die öffentliche Verhandlung der UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) hat begonnen, sie soll bis 7. September dauern. 144 Wortmeldungen wurden angekündigt, davon 34 bereits am Montag und 42 von Mittwoch bis Freitag. An diesen drei Tagen wird es laut Programm um das Thema Lärmschutz gehen.

Ort der öffentlichen Verhandlung ist das Multiversum in Schwechat. Etwa 300 Personen trugen sich bis zum Montagnachmittag in die Teilnehmerlisten ein, die am Eingang auszufüllen waren. Die Halle ist für 2300 Besucher ausgelegt. Die Verhandlung wird von Juristen der Abteilung Umweltrecht (UVP-Behörde) beim Amt der NÖ Landesregierung geleitet. Ebenfalls auf dem Podium nahmen 36 Sachverständige - auch aus dem Ausland - Platz, die das 2300 Seiten starke Umweltverträglichkeitsgutachten erstellt haben. Demnach gilt die "Parallelpiste 11R/29L" als umweltverträglich.

Die Start- und Landebahn soll 3680 Meter lang sein und sich 2400 Meter südlich und parallel zur bestehenden Piste 11L/29R befinden. Zur Realisierung des Projektes bedarf es laut Abteilung Umweltrecht auch einer Verlegung der B10 (Budapester Straße) auf einer Länge von knapp 7,5 Kilometern.

Flughafen sieht keine Alternative

Zur dritten Piste gebe es "nach unserem Dafürhalten" keine Alternative, machte der scheidende Interimschef der Flughafen Wien AG, Christoph Herbst, in seinem Statement klar. Keine dritte Start- und Landsbahn wäre "nicht ein Genickbruch". Aber der Airport müsste sein Geschäftsmodell umstellen - vom Hub zum "normalen Flughafen" mit Punkt-zu-Punkt-Verkehr. Mit dem Projekt gehe es insbesondere um "höhere Kapazität in der Spitzenstunde", führte Herbst aus. Das sei ein wichtiger Faktor, um ein leistungsfähiges Drehkreuz betreiben zu können. Als solches, insbesondere nach Osteuropa (mit 40 Destinationen), sehe sich der Flughafen Wien. In der Spitzenzeit seien derzeit 68 bis knapp über 70 Flugbewegungen pro Stunde möglich. Mit einer dritten Piste wären es bis zu 100.

Herbst erläuterte auch, dass Bratislava keine Alternative zu einer weiteren Start- und Landebahn in Wien sein könne. Dies vor allem deshalb, weil die Home-Carrier AUA und Niki keine zwei Drehkreuze betreiben würden. Deshalb gehe es darum, "Kapazität und Qualität" in Wien zu bieten.

"Offenes Ohr für die Bevölkerung"

Viktor Horak von der aus 15 Bürgerinitiativen bestehenden und im "Dialogforum Flughafen Wien" vertretenen "Arge gegen Fluglärm" äußerte die Hoffnung, "dass nicht schon alles fixiert und die Verhandlung nicht nur ein Formalismus ist". Die Behörde möge demnach "ein offenes Ohr für die Bevölkerung" haben. Er kritisierte, dass An- und Abflugrouten nicht Bestandteil des UVP-Verfahrens seien. Gerade diese stellten die "Hauptursache für die Lärm- und Umweltbelastung der überflogenen Gebiete" dar. Die Behörde argumentiere, dass die Routen von der Austro Control festgelegt würden.

Bürgerinitiativen brachten ihre Ablehnung der dritten Piste auch auf Flugzettel und in Broschüren vor. Die Lärmproblematik steht bei der Argumentation an vorderster Stelle. Man wolle "bei den Lärmproblemen fair behandelt werden" ("Verein zur Erhaltung und Verbesserung des Gallbrunner Lebensraumes") oder "nicht der Lärmmistkübel Österreichs werden" ("Bürgerinitiative Lebenswertes Enzersdorf a.d. Fischa").

Politiker von Anrainergemeinden des Flughafens betonten, dass sie massiv auf die Einhaltung des 2005 beschlossenen, zivilrechtlich verbindlichen Mediationsvertrags pochen wollten. Lärmbelastung war auch bei ihnen ein Hauptargument. Diesbezüglich sollten Abflüge logistisch besser gestaltet werden, meinte etwa der Schwechater Vizebürgermeister Gerhard Frauenberger (SPÖ). "Auch die Nachtflugregelung wollen wir eingehalten wissen." Komme die dritte Piste, werde es um eine "faire Verteilung" der Routen bei An- und Abflug gehen.

Demo mit Madeleine Petrovic

"Wir wollen keine dritte Piste", lautete der Tenor bei einer Kundgebung Montagfrüh vor dem Multiversum. Etwa 100 Personen hatten teilgenommen. Unter ihnen war auch Madeleine Petrovic, Klubobfrau der Grünen im NÖ Landtag. Sie unterstützte die "Bürgerinitiative Lebenswertes Enzersdorf a.d. Fischa". Die dritte Piste sei ein "ökologischer Anschlag" auf eine Region, die durch Lärm, Staub und Ozon ohnehin schon schwer geprüft sei. Überdies sei das Projekt "unnötig".

(APA)

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