Die Industriellenvereinigung hat vor der Eröffnung der Wirtschaftsgespräche in Alpbach Steuererhöhungen und mehr Sozialtransfers eine Absage erteilt.
Die Industriellenvereinigung hat am Dienstag Steuererhöhungen und mehr Sozialtransfers eine Absage erteilt. "Wenn, dann kann es bei den Steuern nur einen Spielraum nach unten, keinesfalls aber nach oben geben", sagte IV-Präsident Veit Sorger in Alpbach. Mit umfassenden Reformen in Verwaltung, Gesundheit und bei den Pensionen sowie Privatisierungen könnten in Sachen Staatsverschuldung das Ruder herumgeworfen und sechs bis sieben Milliarden Euro gespart werden.
"Niemand glaubt im Ernst, dass durch eine höhere Besteuerung das Budget saniert werden kann", sagte Sorger. Dass die Unternehmen nur wenig zur Staatsfinanzierung beisteuerten sei falsch, über die Gewinnsteuern hinaus leisteten die Betriebe weitere 40 Milliarden Euro (hauptsächlich über Sozialabgaben).
Die Industrie wolle einen "starken", nämlich "effizienten" und "handlungsfähigen Staat", betonte Sorger.
Nach einer von der IV in Auftrag gegebenen IMAS-Umfrage glauben 56 Prozent der Österreicher dass Besserverdienende "gerade richtig/eher zu hoch" besteuert werden, das Ausmaß der Sozialleistungen ist nach der Umfrage für 81 Prozent der Befragten richtig beziehungsweise eher zu hoch. 58 Prozent meinen, dass es in Österreich im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern eine eher geringe Kluft zwischen Arm und Reich gebe.
Gerechtigkeit als "politischer Kampfbegriff"
Bei ihrer traditionellen Pressekonferenz knapp vor der Eröffnung der Wirtschaftsgespräche in Alpbach versuchte die Industriellenvereinigung, dem Generalthema "Gerechtigkeit - Verantwortung für die Zukunft" ihre eigene Tendenz zu verpassen: Der IV gehe es um "Gerechtigkeit gegenüber künftigen Generationen, dem Standort und Leistungsträgern". Gerechtigkeit drohe "ein politischer Kampfbegriff zu werden, hinter dem sich Steuererhöhungen und weitere Umverteilung verbergen, als ob es im Hochsteuerland keine anderen Möglichkeiten gäbe", assistierte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.
Schuldenbremse für Österreich gefordert
Der Verband sieht den österreichischen mittelfristigen Finanzrahmen als nicht ausreichend an und plädierte für die Einführung einer verfassungsmäßig verankerten Schuldenbremse nach deutschem Vorbild. Österreich zahle demnächst 10 Milliarden Euro an Zinsen für seine Staatsschulden.
Sorger sprach sich im Zusammenhang mit der europäischen Staatsschuldendebatte für "Solidarität" mit den Euro-Schuldenkrisenländern aus. Diese müsse aber "Grenzen haben", weil dies sonst zu "dauerhafter Umverteilung und ausbleibenden Reformen" würde. Eurobonds seien aber "per se keine schlechte Idee".
„Keine Alternative zur europäischen Integration"
In seinem Eröffnungsstatement zu den Alpacher Wirtschaftsgesprächen warnte Sorger schließlich vor einer Rückkehr zu einer stärkeren Staatswirtschaft. Schuld an der Krise seien nicht primär "profitgierige Manager", sondern eher kurzfristig orientierte auf Wahlerfolge schielende Politiker. Er warnte vor "vereinfachenden" Ansichten, die Euro-Verschuldungskrise sei durch einen Austritt Griechenlands oder die Konzentration auf einen Hartwährungs-Euro zu lösen: "Außer Chaos gibt es keine Alternative zur europäischen Integration, und es gibt auch keine Alternative zu ihrer Vertiefung, auch wenn die Lösung der aktuellen Verschuldungskrise hohe Kosten verursacht."
Alpbacher Wirtschaftsgespräche
Unter dem Motto "Wieviel Staat braucht der Markt?" erörtern bis Donnerstagmittag Wissenschaftler, Interessensvertreter und Politiker die ordnungspolitischen Folgerungen aus der Finanzkrise. Es werden unter anderem Vizekanzler Michael Spindelegge, die EU-Kommissare Joaquin Almunia und Vladimir Spidla, der frühere Binnenmarktkommissar Mario Monti sowie EZB-Ratsmitglied Jürgen Stark erwartet.
(APA)