Strauss-Kahn: Abschied von IWF-Zentrale in Washington

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Der Ex-IWF-Chef zieht Schlussstrich unter seine Jahre als Finanz-Krisenmanager. Die Hälfte des IWF-Personals im Washingtoner Hauptquartier hatte sich im Konferenzsaal versammelt, um seiner Abschiedsrede zu lauschen.

Washington. Spontaner Applaus empfing den ehemaligen Chef, als er als freier Mann an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrte, um sein „Mea Culpa“ zu bekunden. Als reumütiger Sünder, der den Ruf der ehrwürdigen Institution besudelt hatte, stellte sich Dominique Strauss-Kahn vor seine ehemaligen Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington hin. „Ich bin hierher gekommen, um mich bei denen zu entschuldigen, die durch diese Geschichte verletzt worden sind. Ich bedaure die negative Entwicklung, die dies für die Einrichtung hatte.“

„Diese Geschichte“ – das waren die Vorwürfe der sexuellen Nötigung und des Missbrauchs, die seine Karriere an der Spitze des IWF und seine politischen Ambitionen als französischer Präsidentschaftskandidat jäh beendeten. Vier Jahre hatte der Franzose das Amt des IWF-Chefs bekleidet, in denen er sich in Fachkreisen Anerkennung als „Troubleshooter“ erwarb und die Position des Währungsfonds in den Turbulenzen der Finanzkrise stärkte. Sein Fehltritt in der Suite 2806 des New Yorker Sofitel-Hotels an jenem Samstag Mitte Mai, den er jetzt als „Irrtum“ bezeichnete, machte indes alles zunichte.

Höflichkeitsbesuch bei Lagarde

14 Wochen nach dem peinlichen Vorfall, nach der Untersuchungshaft, dem Rücktrittsschreiben aus der Gefängnisinsel Rikers Island, dem luxuriösen Hausarrest und eine Woche nach der Einstellung des Verfahrens war es Strauss-Kahn offenkundig ein Anliegen, seinen einstigen Mitarbeitern Adieu zu sagen. Rund die Hälfte des IWF-Personals im Washingtoner Hauptquartier hatte sich im Konferenzsaal versammelt, um seiner Abschiedsrede zu lauschen, die nicht frei war von Sentimentalität. Der 62-Jährige beschrieb seine Jahre an der IWF-Spitze als die interessantesten seiner Karriere. Über die US-Justiz verlor er indessen kein schlechtes Wort. Dominique Strauss-Kahn war in Begleitung seiner Frau, Anne Sinclair, erschienen, die ihm während der Affäre aufopfernd zur Seite stand.

Auf seinem Sessel in der IWF-Chefetage sitzt seit dem Sommer eine Landsfrau, die frühere französische Finanzministerin Christine Lagarde, der er einen Höflichkeitsbesuch abstattete. Ungewiss ist, ob Strauss-Kahn in den kommenden Tagen nach Frankreich zurückkehrt oder zuvor noch in seinem Geburtsland, Marokko, urlaubt. Seit der Vorwoche ist er jedenfalls wieder im Besitz seines Reisepasses. In Paris erwartet ihn im anlaufenden Präsidentschaftswahlkampf eine Hetzjagd – und eine Klage wegen versuchter Vergewaltigung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2011)

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