Das Öl-Embargo tritt offiziell in Kraft. Es gilt aber nur eingeschränkt. In der Nacht auf Samstag starben bei Protesten mehr als 20 Menschen.
Die Europäische Union will nach Verhängung eines Öl-Embargos und wirtschaftlicher Sanktionen den Druck auf Syriens Präsident Bashar al-Assad erhöhen. "Wenn Assad nicht hört und wenn es keinen Regimewechsel gibt, dann werden wir den Druck verstärken müssen", sagte Frankreichs Außenminister Alain Juppe am Samstag im polnischen Ostseebad Sopot nach Beratungen der EU-Außenminister. EU-Außenpolitikbeauftragte Catherine Ashton forderte erneut ein Ende des Blutvergießens in Syrien.
Das gewaltsame Vorgehen des syrischen Regimes gegen die Opposition findet indes kein Ende: Sicherheitskräfte erschossen nach dem Freitagsgebet und in der Nacht auf Samstag insgesamt 23 Protestierende, berichtet in syrischer Regimegegner berichtete. Die staatliche syrischen Nachrichtenagentur Sana meldete, dass bei Angriffen von Regimegegnern drei Mitglieder der Sicherheitskräfte getötet wurden. Die Agentur machte "bewaffnete Terrorgruppen" für die Taten verantwortlich.
Sana berichtete auch über die Entführung eines Hauptmannes im Grenzgebiet Syriens zur Türkei. Nach Angaben von Regimegegnern ist der Offizier aber desertiert. Binnen einer Woche seien etwa 200 syrische Soldaten in die Türkei oder auf libanesisches Gebiet geflüchtet. Die Angaben beider Seiten lassen sich nicht unabhängig überprüfen, auch weil das syrische Regime praktisch keine Arbeit ausländischer Journalisten im Land zulässt.
EU will "wirtschaftlich Muskeln zeigen"
Auf die Frage nach weiteren Strafmaßnahmen, sagte Ashton, sie könne noch keine Details nennen, die Diskussion dazu würde in Brüssel fortgesetzt. Die EU suche nach der effizientesten Art, wie sie "wirtschaftlich die Muskeln zeigen" könne. "Wir werden weiterhin Druck ausüben."
Zu Russland, das das Öl-Embargo der Europäischen Union gegen Damaskus kritisiert hatte, bemerkte Ashton, alle hätten eine Verantwortung dazu beizutragen, dass das Blutvergießen in Syrien ein Ende finde und der syrischen Bevölkerung zu helfen. Sie rufe daher die gesamte Staatengemeinschaft dazu auf, ihre Beiträge zu liefern.
Spindelegger beklagt fehlende Linie der Uno
Österreichs Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sagte, im Unterschied zu Libyen gebe es zu Syrien keine klare Uno-Resolution, wonach die internationale Gemeinschaft zum Schutz der Zivilisten mit Gewalt vorgehen könne. Die EU müsse bedauerlich zur Kenntnis nehmen, dass es dazu keinen Konsens im Weltsicherheitsrat gebe. Die EU müsse aber daran arbeiten, eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates zu Syrien voranzutreiben. Ein militärisches Eingreifen ohne eine Empfehlung oder Resolution des UN-Sicherheitsrates würde Österreich nicht befürworten, erklärte Spindelegger.
Öl- Einfuhrverbot mit Beschränkungen
Das am Freitag beschlossene Einfuhrverbot für Rohöl aus Syrien trat am Samstag offiziell in Kraft. Allerdings gilt das im EU-Amtsblatt veröffentlichte Verbot nur für neue Verträge. Bereits vereinbarte Öl-Käufe können noch bis zum 15. November abgewickelt werden.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte, das Öl-Embargo sei "schon ein empfindlicher Hebel, den wir ansetzen gegen das Regime von Präsident Assad". Wie schnell sie wirkten, sei schwer zu sagen. "Und deswegen kann man auch nicht ausschließen, dass, wenn die Repressionen trotz alledem fortgesetzt werden, wiederum weitere Maßnahmen in Europa beschlossen werden."
"Wir haben Assad zu Reformen geraten. Die gibt es nicht. Also müssen wir heute den Regimewechsel beschleunigen", sagte Juppe. Dies bedeute "schärfere Sanktionen, weitere Arbeit in den Vereinten Nationen an einer klareren Verurteilung des syrischen Regimes und Zusammenarbeit mit der Opposition".
(Ag.)