Jetzt macht auch Bundespräsident Heinz Fischer Druck bei der Vermögenssteuer. Die ÖVP wirft der SPÖ unterdessen vor, Populismus zu betreiben. Kursierende Neuwahlgerüchte werden dementiert.
Wien/Chs/Apa. Die SPÖ beißt sich immer stärker in ihrer Forderung nach der Einführung einer Vermögenssteuer fest. Das Thema droht damit nicht zuletzt zur Nagelprobe für den Fortbestand der Regierungskoalition zu werden. Rechtzeitig vor dem Herbst ventiliert die SPÖ ihre Pläne zur höheren Vermögensbesteuerung auf allen Kanälen: Am Sonntag war es an Finanzstaatssekretär Andreas Schieder, in der Boulevardzeitung „Österreich“ laut über eine Einführung schon ab Anfang 2012 nachzudenken. Eine Einigung mit der ÖVP – die von der Steuer derzeit nichts wissen will – natürlich vorausgesetzt, so Schieder.
Bundespräsident Heinz Fischer meldete sich zeitgleich zu Wort: Auch er plädiere für höhere Steuern „bei den obersten Einkommen und Vermögen“, sagte Fischer am Sonntag im Interview mit der Austria Presse Agentur. Er führte den hohen Schuldenstand ins Treffen: Diesen schrittweise und in vernünftiger Weise abzubauen, werde „nicht zur Gänze durch Einsparungen“ machbar sein. Es gehe ihm aber auch um den sozialen Zusammenhalt: Bevor man „bei der Mindestsicherung ein paar Euro wegkappe“, darauf verzichte, kleine Pensionen überproportional zu erhöhen oder etwa den Mittelstand noch stärker belaste, „ist es doch naheliegend, dort, wo die höchste Vermögenskonzentration und die größten Einkommen sind, einen Beitrag zu diesen wichtigen Aufgaben zu verlangen“, so Fischer. Auf das Ausmaß der Besteuerung wollte der Bundespräsident sich freilich nicht festlegen.
ÖVP: Gefahr für die Konjunktur
Und auch Bundeskanzler Werner Faymann erneuerte am Wochenende seiner Forderung nach höherer Besteuerung der 80.000reichsten Österreicher. Wie er sich ein Modell der Vermögensbesteuerung vorstelle, hat der Kanzler in der Vorwoche präzisiert: Er wolle alle Privatvermögen – auch Grund und Boden – über der Freigrenze von einer Million Euro mit 0,3 bis 0,7 Prozent besteuern. Das bringe zusätzliche Einnahmen von 500Millionen bis zu zwei Milliarden Euro. Gleichzeitig sollen Einkommen zwischen 2000 und 4000Euro deutlich entlastet werden. Dass es sich bei der Vermögenssteuer um eine „Schnüffelsteuer“ (Copyright ÖVP) handle, weist die SPÖ zurück.
Und freute sich am Sonntag sogar demonstrativ über die „steigende Unterstützung“ aus den Reihen der Volkspartei. Der Grund: Norbert Schnedl, der Chef der Fraktion Christlicher Gewerkschafter, hatte zuletzt eine seriöse Diskussion über das Thema angeregt. Die ÖVP wirft der SPÖ indes Populismus vor: Der Leitspruch „Die Reichen sollen zahlen“, klinge simpel, bringt aber wenig Geld, so ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch. Die Steuerpläne seien eine Gefahr für die Konjunktur. Wenn man Milliardenbeträge lukrieren wolle, müsse die SPÖ auch mittlere Einkommen und Familien zur Kasse bitten. „Mit der ÖVP werde es den „Griff in die Geldbörsen der Familien“ jedoch nicht geben, sagt Rauch.
Dass der handfeste Koalitionsstreit zu einer vorzeitigen Neuwahl führen könne, weist Faymann derzeit (noch) zurück. Auch Fischer gibt an, nichts von kursierenden Neuwahlgerüchten zu halten.
Fischer: Korruption bekämpfen
Deutlichere Worte fand Fischer in der Frage der Telekom-Affäre. Er drängt auf eine rasche und lückenlose Aufklärung und fordert schärfere Gesetze zur Korruptionsbekämpfung. „Wir müssen diesen Infektionsherd unter Kontrolle bringen.“ Die Verquickung von Politik und Geschäften aus persönlichem Gewinnstreben müsse aufs Schärfste verurteilt werden. Österreich habe einen guten Ruf zu verteidigen, sagt Fischer: Es brauche „eine Politik und Wirtschaft mit sauberen Händen“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2011)