Der ÖIAG-Chef, der nun die Schmiergeldaffäre rund um die Vergabe des Blaulichtfunks beleuchten will, war selbst Jagdgast beim Lobbyisten.
Heute Nachmittag will das Innenministerium vor Journalisten Aufklärungsarbeit in der vermeintlichen Schmiergeldaffäre rund um den Blaulichtfunk leisten. Laut der aktuellen Ausgabe des "profil" haben sie dabei jede Menge zu tun. Demnach soll sich aus dem Innenministerium eine illustre Runde aus ÖVP-Politikern bei den Jagden des Telekom-Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly eingefunden haben. Und nicht nur dass, selbst jene Telekom-Aufsichtsräte, die die Telekom-Affäre intern aufrollen sollen, waren beim Telekom-Lobbysten auf der Einladungsliste. Laut "Salzburger Nachrichten" soll sich auch ein Mitarbeiter von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) mit der Flinte eingefunden haben.
Als Waidmänner im Umfeld von Mensdorff-Pouilly betätigten sich Michael Fischer (ehedem Organisationsreferent der ÖVP), Philipp Ita (Kabinettschef unter Ex-ÖVP-Innenministerin Liese Prokop), Christoph Ulmer (Leiter des Kabinetts von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser) und Michael Kloibmüller (Kabinettschef von ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner). Letzterer soll der Telekom wegen ihrer Aufklärungsarbeit in Sachen Blaulichtfunk mit "Unannehmlichkeiten" gedroht haben, was dieser heftig bestreitet. Auf der Jagd war auch ÖIAG-Chef Markus Beyrer, nunmehr Aufsichtsratschef der Telekom sowie Telekom-Aufsichtsrat Franz Geiger. Sie beide stehen nun einer internen Task Force vor, die die zahlreichen Affären bei der Telekom Austria aufklären soll. Erst am Wochenende war bekannt geworden, dass die Telekom insgesamt 170.000 Euro für Jagden unter der Ägide von Mensdorff-Pouilly ausgab. Das Unternehmen gehört zu mehr als einem Viertel den Österreichern, der Rest ist Streubesitz.
Mensdorff-Pouilly soll 3,3 Millionen Euro erhalten haben
Wie berichtet war beim einheitlichen Funksystem für alle Blaulichtorganisationen das ursprünglich erfolgreiche Konsortium bestehend aus Siemens, Raiffeisen, Verbund und Wiener Stadtwerke ("mastertalk") wegen mangelnder Leistung ausgeschieden worden - um später dann mastertalk eine Entschädigung von 30 Millionen Euro zu zahlen. Zum Zug kam eine Gruppe rund um die Telekom Austria ("Tetron"), Mensdorff-Pouilly soll dafür von der Telekom und dem Hardwarelieferanten Motorola rund 3,3 Millionen Euro erhalten haben. Die Justiz in Österreich und den USA ermittelt. Bereits im März 2009 übermittelte der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung, in welcher er den Verdacht des Amtsmissbrauchs und der verbotenen Geschenkannahme durch ranghohe Mitarbeiter des Innenressorts formulierte. Die Konsequenz: Petzner hatte selbst Erklärungsbedarf bei den Staatsanwälten, die wissen wollten, woher er seine Informationen und Fotos von diversen Jagden habe.
Während sich die juristische Aufarbeitung hinzieht, ist mittlerweile klar, dass die Neuvergabe des Blaulichtfunks noch teurer kommt als ursprünglich bekannt war. Das siegreiche Konsortium Tetron schreibt dazu in seiner Bilanz: "Da sich der Ausbau erheblich gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan des Vertrages verzögert hat, werden entsprechende von Tetron zu tragende Mehrkosten aus der Vergangenheit und für den laufenden Betrieb sowie Sonderaufwendungen durch ein erhöhtes monatliches Serviceentgelt des Kunden seit dem 1. Juli 2009 sowie eine Vorauszahlung in Höhe von zwei Millionen Euro pauschal abgegolten ..." Überdies gewährte das Innenministerium damals unter der ÖVP-Innenministerin Maria Fekter dem Konsortium Investitionszuschüsse für den digitalen Blaulicht-Netzausbau in der Steiermark.
Investitionskosten verdreifacht
In Niederösterreich war man 2005 von Investitionen von knapp neun Millionen Euro ausgegangen; die jährlichen Betriebskosten wurden damals mit 300.000 Euro beziffert. 2010 waren die Aufwendungen durch die Decke geschossen: Nun lagen die Investitionskosten bei 24,7 Millionen Euro - das ist beinahe das Dreifache -, und die jährlichen Betriebskosten verdoppelten sich auf 653.000 Euro. Zusätzlich stellte das Innenministerium einen Zuschuss von 5,8 Millionen bereit, um die Blaulichtrealisierung nicht zu gefährden.
Mit einem Einmalzuschuss brachte das Innenressort auch die Steiermark auf Linie. Acht Millionen Euro sollte der flächendeckende Ausbau 2005 kosten. Doch das reichte nicht einmal annähernd: Im Zuge des Ausbaus drohten die Investitionen auf über 40 Millionen Euro zu steigen. Landeshauptmann Franz Voves reichte Klage beim Verfassungsgerichtshof ein - um den Jahreswechsel 2009/2010 lenkte das Innenministerium ein. Tetron wurde ein Zuschuss von 7,3 Millionen Euro gewährt - im Gegenzug garantierte die Errichtungsgesellschaft, die Kosten bei 35 Millionen zu deckeln.
(APA)