Blaulichtfunk: Bund zahlt eine Milliarde

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Das System wird noch Jahre bis zur flächendeckenden Einführung brauchen. Wie viel die Errichtung kostet, weiß niemand. Gebaut wird gerade in der Steiermark.

Wien/Eid. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat mit dem von ihrem Vorgänger Ernst Strasser geerbten Blaulichtfunk „Tetron“ keine Freude. Bei der Neuvergabe des Systems im Jahr 2004 dürften Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen sein, wobei der Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly eine Schlüsselrolle gespielt haben soll. Die Justiz in Österreich und den USA ermittelt, der Rechnungshof hat eine Sonderprüfung eingeleitet. Salzburg hat die Einführung bis zur Aufklärung aller Vorkommnisse gestoppt.

„Tetron“ verzögert sich aber auch massiv und wird dementsprechend viel teurer als geplant (die „Presse“ berichtete am 30. August). 2002 ging der Zuschlag an das Projekt „Adonis“ des Konsortiums Mastertalk aus Siemens, Wiener Stadtwerke, RZB und Verbund. Dann wurde wegen „Mängeln“ der Vertrag gelöst und neu ausgeschrieben. Alcatel und Motorola gewannen. Laut Generalmajor Peter Skorsch, Leiter der Technikabteilung im Innenministerium und bis 2009 für „Tetron“ zuständig, war das neue Projekt viel günstiger budgetiert als „Adonis“.

Wie hoch die Errichtungskosten für den Digitalfunk sein werden, konnten am Montag aber auch fünf Experten des Innenministeriums nicht beziffern. Das hänge von der Topografie, der Wahl der Mastenstandorte und den sich ständig erhöhenden Anforderungen ab. Auch einen genauen Zeitplan bis zur Komplettumsetzung nannte man nicht. Nur so viel: „Der Bund wird im Vollausbau über 25 Jahre jährlich 40 Mio. Euro zahlen“, sagte Skorsch. Das ergibt rund eine Milliarde Euro in Summe. Heuer zahlt der Staat 17,4 Mio. Euro.

Die Kosten explodieren

Bisher ist „Tetron“ aber nur in Tirol, Wien und Niederösterreich sowie in den Städten Salzburg und Klagenfurt umgesetzt. Gebaut wird gerade in der Steiermark. In Niederösterreich war man 2005 von Investitionen von knapp neun Mio. Euro ausgegangen; die jährlichen Betriebskosten wurden damals mit 300.000 Euro beziffert. 2010 lagen die Investitionen bei 24,7 Mio. Euro und die jährlichen Betriebskosten verdoppelten sich auf 653.000 Euro. Zusätzlich stellte das Innenministerium einen Zuschuss von 5,8 Mio. Euro bereit, um die Blaulichtfunk-Realisierung nicht zu gefährden.

Mit einem Einmalzuschuss brachte das Innenressort auch die Steiermark auf Linie. Acht Mio. Euro sollte der flächendeckende Ausbau 2005 kosten. Inzwischen ist von 40 Mio. die Rede. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) reichte Klage beim Verfassungsgerichtshof ein – um den Jahreswechsel 2009/2010 lenkte das Innenministerium ein. „Tetron“ wurde ein Zuschuss von 7,3 Mio. gewährt - im Gegenzug garantierte die Errichtungsgesellschaft, die Kosten bei 35 Mio. zu deckeln. In Tirol beliefen sich die Investitionen auf 12,5 Mio. und lagen damit im Rahmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2011)

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