Wie lief der Buwog-Deal?: Gericht „verhört“ Grasser

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Grasser(c) REUTERS (Heinz-peter Bader)
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Zwei Stunden lang war Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser kritischen Fragen der Richterin ausgesetzt. Dabei klagt er selbst den früheren Kabinettschef Michael Ramprecht wegen übler Nachrede an.

Wien. Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat gegen seinen früheren Kabinettschef Michael Ramprecht Privatanklage eingebracht. Es geht um üble Nachrede im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung. Basis dafür ist ein „Profil“-Artikel vom 5. Oktober 2009. Grasser verlangt von dem Magazin (der Verlagsgruppe „News“) auch eine Entschädigung. Soweit hat sich an der Lage im seit zwei Jahren laufenden Rechtsstreit nichts geändert. Und doch war im Straflandesgericht Wien am Montag für Spannung gesorgt: Zwei Stunden lang musste sich Grasser kritische Fragen gefallen lassen. Obwohl er ja als „Kläger“ einer Privatanklage und nicht als Beschuldigter gekommen war.

„Ramprecht verbreitet eine Lüge nach der anderen“, gibt Grasser zu Protokoll. „Auf unserer Seite liegt die Wahrheit“, sagt hingegen Ramprecht vor Prozessbeginn. Später bekräftigt der 51-Jährige, vertreten von Anwalt Michael Pilz, auf Fragen von Richterin Nicole Bacszak, er sei damals nur in die Medien gegangen, um Korruption zu bekämpfen – und um der Wahrheit „zu dienen“.

Kern der Vorwürfe Ramprechts: Die unter Finanzminister Grasser im Jahr 2004 vorgenommene Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaft (Buwog) bzw. deren Verkauf an ein Konsortium rund um die Immofinanz sei ein „abgekartetes Spiel“ gewesen. Schon die Auswahl der Bank, die den Privatisierungsprozess abwickeln sollte – die US-Investmentbank Lehmann Brothers bekam dafür den Zuschlag – sei manipuliert gewesen.

Zweiter Grasser-Anwalt im Publikum

Schon einmal hatte ein Gericht über diese Vorwürfe geurteilt – und Ramprecht der üblen Nachrede teilweise für schuldig bekannt. Die Strafe: 3600 Euro bedingt. Auch „Profil“ war verurteilt worden (1500 Euro Entschädigung). Diese Urteile wurden aber aus formalen Gründen aufgehoben. Das Oberlandesgericht Wien ordnete eine Wiederholung der Verhandlung an – und diese startete gestern.

Grasser, rechtlich vertreten von Anwalt Michael Rami und zusätzlich „bewacht“ von dem im Zuschauerraum sitzenden Anwalt Manfred Ainedter, sagt wenig überraschend, die von ihm für die Buwog-Privatisierung eingesetzten Kommissionen hätten unabhängig entschieden. Bemerkenswert ist aber die Intensität, mit der die Richterin mehr Licht in jene Provisionsflüsse bringen will, die seit längerem Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen sind.

Grassers damals guter Freund Walter Meischberger und der PR-Unternehmer Peter Hochegger hatten für eine erfolgreiche Vermittlung der Bundeswohnungen an die Immofinanz 9,6 Millionen Euro Provision kassiert. Dies entsprach einem Prozent jener Summe, um die die Buwog an das Immofinanz-Konsortium verkauft worden war. 961 Millionen Euro hatte die Immofinanz hingelegt. Das Gebot der Konkurrenz, der CA Immo, betrug 960 Millionen, wurde also nur um eine einzige Million übertroffen. Reiner Zufall? Oder hatte Meischberger einen Topinformanten, dessen Wissen er gewinnbringend an die Immofinanz verkaufte?

Grasser gibt zu: „Die Optik ist schlecht“

Die Richterin liest Grasser aus dem Hochegger-Einvernahmeprotokoll vor, wonach Meischberger derjenige gewesen sei, der die entscheidenden Zahlen gekannt habe. Und sie sagt: „Sie sind der einzige, der freundschaftliche Kontakte zu Meischberger hatte. Wie kommt also Meischberger zu den Informationen?“ Grasser scheint sich nicht wohl zu fühlen, als er so direkt gefragt wird, und sagt dann: „Von mir definitiv nicht.“

Die Richterin: „Der Zuschlag lag nicht bei 960, sondern bei 961 Millionen. Haben Sie irgendeine Erklärung dafür?“ Grasser einsilbig: „Nein.“ Richterin: „Wenn man Hochegger glaubt, ist das ganze Verfahren nicht korrekt abgelaufen. Sehen Sie das auch so?“ Grasser: „Ich möchte nicht spekulieren.“ Dann sagt er: „Dass die Optik schlecht ist – darüber werden wir sofort einen Konsens haben.“ Aber er bleibt dabei: Alles sei sauber abgelaufen. Ramprecht lüge. Und dass das Los zuvor auf Lehman Brothers gefallen sei, habe auch damit nichts zu tun, dass der Lehman-Konsulent Karl-Heinz Muhr ein Bekannter von ihm sei. Dass Muhr für seine Tätigkeit Provision bekam, habe er, Grasser, erst im Nachhinein erfahren.

Der Prozess wird auf 24. Oktober vertagt. Meischberger, Hochegger und der Immobilienvermittler Ernst Karl Plech sind als Zeugen geladen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2011)

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