Irgendwann fliegen sie alle auf. Hoffentlich

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Herbert Scheibner ist nur der siebente Zwerg von links hinten, der mithilft, dass das politische System Österreichs langsam, aber sicher zerbröckelt. Er ist nicht allein.

Nun also auch Herbert Scheibner. Dabei galt der ehemalige Verteidigungsminister, Weggefährte Jörg Haiders und Notnagelfunktionär für zahlreiche Positionen in Blau und Orange als harmlos-unauffälliger Parteisoldat. Doch vielleicht haben hunderte Frustrationen, die Jobabsagen aus der Wirtschaft dazu geführt, dass sich auch der bieder-brave Abgeordnete einmal bedienen wollte. Die Unschuldsvermutung stellte Scheibner gleich selbst lautstark bei einer eigens anberaumten Pressekonferenz an. Monatliche Zahlungen in der Höhe von 5000 Euro des Eurofighter-Herstellers an ihn? Insgesamt 60.000 von Eurofighter an einen vom Steuerzahler gut bezahlten Nationalratsabgeordneten, der im Verteidigungsausschuss sitzt? Alles kein Problem, er habe sich nichts vorzuwerfen, sondern will zu „100 Prozent“ korrekt gehandelt haben, als er eine kleine Präsentation des Herstellers in einem arabischen Land organisierte, die ohnehin nicht wirklich etwas brachte. Aus dem Auftrag sei für Eurofighter letztlich nichts geworden.


Diese 60.000 Euro für die Präsentation eines gescheiterten Auftrags ähneln den absurden 96.000 Euro, die die Firma des Ehepaars Rumpold für eine Pressekonferenz der Eurofighter-Mutter EADS abgerechnet hat. Die Glücksritterpartie um Jörg Haider bestand neben dem treuen Scheibner und dem unangenehmen Herrn Rumpold noch aus Walter Meischberger, dem kein normaler Bürger je ein Auto abgekauft hätte, Hubert Gorbach, dessen Größenwahn nicht nur aus Zahlungen aus der Telekom Austria gespeist worden sein dürfte, und Handypolitiker Karl-Heinz Grasser. Sie alle hätten sogar in einer sonnigen Bananenrepublik des vergangenen Jahrhunderts für Empörung gesorgt. (Dass Wolfgang Schüssel mit diesem Haufen regierte, demolierte die Idee einer Rechtsregierung und hat ihn nachhaltig verbittert.)

Man weiß nicht, wer von wem die schlechten Sitten gelernt hat: Auch in der ÖVP folgte Ernst Strasser offenbar dem Duft des Futtertrogs. Instinktiv würde man meinen, dass auch manch andere in der ÖVP und SPÖ das versuchten, aber nicht so dilettantisch vorgingen. Dass bei der Vergabe des Funksystems im Innenressort nicht alles mit rechten Dingen zuging, kristallisiert sich immer deutlicher heraus. Und wer Einladungen von Ministeriumsmitarbeitern ins schottische Jagdschloss des Grafen Alfons Mensdorff-Pouilly heute noch normal findet, scheint den Bezug zur Realität verloren zu haben. Es ist die Szene aus PR-Beratern, Ex-Politikern, Lobbyisten und Mitwissern politischer Entscheidungen, die bei vielen das Vergessen moralischer Standards fördert.

Manchmal funktionieren Korruption und Manipulation eleganter: Werner Faymann hat schon als Wiener Wohnbaustadtrat eine Methode zur Kunstform entwickelt. Auch dank Inseraten machte er sich zum Liebling der Boulevardzeitungen – damals war das billiger, es gab nur die „Krone“. Er lächelte auf vielen Fotos, heute darf er sich auf noch mehr verlässliche Partner im Kampf gegen Schwarz-Blau, die EU oder die allgemeine Wehrpflicht freuen. Dokumente nähren den Verdacht, dass er diese befreundeten Medien mit Zuwendungen erfreut. So mancher Mitarbeiter in staatsnahen Unternehmen und Medien schreibt in verblüffender Offenheit von Herrn Faymanns Wünschen. Das Schlimme daran: Tief drinnen empfinden Faymann und sein Medienideologe Josef Ostermayer das nicht als verwerflich, sondern als schlau.


Diese Fälle spielen sich auf sehr unterschiedlichen Ebenen ab, bei den einen geht es um Bereicherung und Parteienfinanzierung, bei den anderen um Manipulation der Öffentlichkeit. Das ist ein Unterschied, hat aber den gleichen Effekt: Schon bald wird sich die Bevölkerung endgültig abwenden. Schon heute sagen bei einer Imas-Umfrage drei Viertel der Befragten, sie interessierten sich nicht mehr für Politik. Höflich formuliert. Die Kombination aus inhaltlichem Stillstand und Korruption ist nicht nur der Nährboden für Populisten wie Heinz-Christian Strache, dem es erstaunlich gut gelingt, so zu tun, als sei er nicht aus demselben Holz geschnitzt wie Haider, Rumpold und Co. Das alles wird die Politik insgesamt ihre Legitimation kosten. Spätestens, wenn keiner mehr wählen geht.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2011)

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