Shopping-Konzepte: Die Kleinen zeigen's den Großen

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Fachmarktzentren unterscheiden sich von gewohnten Einkaufszentren. Regionalität, Standortanalyse und Mietermix sind die Erfolgsfaktoren von Fachmarktzentren und Shopping-Oasen. Was die Kleinen richtig machen.

„Die Zeit der riesigen Shoppingcenter auf der grünen Wiese ist endgültig vorbei“, ist sich Robert Kelca vom Innsbrucker Architekturbüro ATP sicher. Das 70.000 Quadratmeter große G3 in Gerasdorf im Norden Wiens, das im Frühjahr 2012 eröffnet werden soll, wird wohl das letzte seiner Art in Österreich sein, meint er. Neuen Mammutprojekten schoben die Gesetzgeber mit rigideren Bauordnungen einen Riegel vor – ein Paradigmenwechsel für Kelca: „Die Zukunft gehört den kleinen und mittleren Zentren, ob in der Innenstadt oder an der Peripherie.“

Neben Platzhirschen Geschäfte machen

An Quantität mangelt es in Österreich, mit einer der höchsten Shoppingcenterdichten Europas, ohnehin nicht. Auf dem stark umkämpften Markt heißt es für die Center mit unter 20.000 Quadratmetern, sich nun mit Qualität gegen die Großen durchzusetzen. Diesen Weg versucht das Ende August eröffnete Fachmarktzentrum Haidäcker Park in der Nähe von Eisenstadt zu gehen. „Wir haben Brands nach Eisenstadt geholt, die es dort vorher noch nicht gegeben hat“, erklärt der Sprecher des Projektentwicklers Porr Solutions, Michael Wurzinger.

Fachmarktzentren wie der Haidäcker Park unterscheiden sich von den gewohnten Einkaufszentren dadurch, dass sie, abgesehen vom Parkplatz, keine Gemeinschaftsfläche besitzen. Alle Geschäfte sind einzeln von der Straße aus erreichbar. So sind Brutto- und Nettonutzfläche fast deckungsgleich, während bei Shoppingcentern zwischen 20 und 25 Prozent des Platzes für Wege und Freiraum draufgehen.

Dass man neben Platzhirschen wie DEZ und Cyta in Tirol durchaus gut leben kann, zeigt auch das Inntalcenter in Telfs. Geschäftsführer Stefan Föger sieht folgende Stärken: „Wir pflegen einen direkteren Kundenkontakt und bieten regionale Produkte, etwas, mit dem die Großen nicht aufwarten können.“ In diesem Konzept sieht auch Roman Schwarzenecker vom Unternehmensberater „Standort + Markt“ einen Vorteil der Kleineren: „Mit der Einbindung regionaler Produkte und Anbieter hebt man sich von der Uniformität anderer ab und schafft es, ein eigenes Profil zu entwickeln.“ Regionalität allein reiche jedoch nicht aus, um den Erfolg zu garantieren. Ohne Ankermieter wie Lebensmittel-, Elektro- oder Bekleidungshändler gehe es nicht. Wichtig sei der richtige Mix.

Hanna Bomba-Wilhelmi, Geschäftsführerin von Regio-Plan Consulting, misst dem Konzept entscheidende Bedeutung bei: „Achtzig Prozent der Fehler passieren bereits bei der Planung.“ Oft werde der falsche Standort gewählt oder das Zentrum überdimensioniert. Dies treffe oft auf Einkaufszentren zwischen 10.000 und 20.000 Quadratmetern zu.

Eine Nachfragelücke tut sich auf

Hier klaffe eine Nachfragelücke zwischen der Mall mit kurz- und mittelfristigen Waren wie Lebensmitteln, aber auch Kleidung oder Elektrogeräten, und einem überregionalen Player mit langlebigen Gütern wie Bauzubehör oder Möbeln. Der Mietermix müsse sich besonders bei den kleinen und mittleren Zentren an die Nachfrage nach kurz- und mittelfristigen Waren anpassen. „Wenn ich als regionales Einkaufszentrum versuche, es mit der SCS aufzunehmen, habe ich schon verloren.“

„Grund zur Freude“ ist die Ansiedlung eines Shopping- oder Fachmarktzentrums zumeist für den Bürgermeister einer Gemeinde, wie Wurzinger erklärt. Mit Bauaufträgen und Arbeitsplätzen für Instandhaltung, Betreuung und Betrieb bleibe ein großer Teil der Wertschöpfungskette in der Region und die Kommunalsteuern ließen die Gemeindekassen klingeln.

Vom Kundenstrom, der vor dem Abfluss in die großen Städte abgehalten wird, können laut Reinhard Winiwarter, Geschäftsführer der Standort Marketing Agentur (SMA), sogar die Geschäfte in unmittelbarer Nähe profitieren. Ein Beispiel ist für ihn Tulln, wo die Rosenarcade im wiederbelebten Stadtzentrum eng mit den umliegenden Kaufleuten kooperiert.

Für die Zukunft sieht Sabine Schober, Generalsekretärin der Fachvereinigung der österreichischen Einkaufszentren (ACSC), bei großen wie kleineren Zentren eine Konsolidierung am umkämpften Markt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2011)

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