Der ORF-Technikdirektor Michael Götzhaber im Gespräch mit der "Presse". Götzhaber setzt auf das Zusammenwachsen von Fernsehen und Internet sowie auf High Definition. Für ihn ist klar: "Keine Ausgliederung!".
Die Presse: In der verkleinerten ORF-Direktion ab 2012 wird die Online-Direktion ihrem Technik-Ressort eingegliedert. Welche Vorteile hat das?
Michael Götzhaber: Online und Technische Direktion arbeiten schon derzeit eng zusammen – Online-Projekte wie TVThek oder Radiothek sind ja auch Technik-Projekte.
Der bisherige Online-Direktor Thomas Prantner verliert seinen Direktorenposten – welche Aufgaben wird er in Ihrer Direktion übernehmen?
Ich werde mich mit Thomas Prantner in den nächsten Wochen zusammensetzen, um mit ihm gemeinsam eine Neuorganisation in den Bereichen Online und Neue Medien zu erstellen und vorzunehmen.
Wird Prantner Ihr Stellvertreter?
Der Direktor bestimmt seinen Stellvertreter. Ich werde mir überlegen, wer mein zukünftiger Vertreter im Falle meiner Abwesenheit sein wird und kann mir vorstellen, dass das Herr Prantner sein wird. Er wird jedenfalls weiter für Online und Neue Medien zuständig und verantwortlich sein. Der Bereich Online soll als Hauptabteilung in der Technischen Direktion bestehen bleiben – ohne großartige Veränderungen.
Was sind Ihre Pläne für die nächsten fünf Jahre?
Schwerpunkte sind: digitaler und trimedialer Workflow und voller Ausbau auf HD (High Definition; Anm.) bzw. auf Hbb-TV.
Wie funktioniert dieses Hybrid-Fernsehen?
Hbb-TV ist die Verbindung zwischen Fernsehen und Internet: Man hat ein Display, auf dem man Fernsehen und das Internet konsumieren kann. Man kann auf der Fernbedienung umschalten – so ähnlich wie beim Teletext – und den Internet-Content aufrufen, der dem TV-Programm hinterlegt ist. Man kann als Fernsehsender also zusätzliche Online-Angebote für den Kunden hinterlegen – auch Bewegtbilder, der Zuschauer kann sich so zusätzliche Informationen zum Programm holen, ohne sich von seinem Platz vor dem Fernseher wegzubewegen.
Wie weit ist der ORF beim High Definition TV?
Wir produzieren schon fast 70Prozent in HD.
Welche Sendungen sind das?
Großproduktionen wie „Dancing Stars“ oder „Die große Chance“, Sportübertragungen, Dokus, Filme, Serien. Im Bereich der Information sind wir bei den Studioproduktionen noch nicht ganz so weit, etwa bei der „ZiB“.
Wann wird der ORF 100Prozent HD produzieren?
Wir wollen das bis Ende 2013 schaffen. Auf dem Markt gibt es ohnehin nur noch HD-Equipment. Die komplette Umstellung der Nachrichten auf HD bedeutet auch eine Adaptierung des Newsrooms. Vereinfacht gesagt reicht es nicht, dass man HD-Kameras hat, man muss auch die Kulisse wegen der hohen Auflösung anpassen.
Sie haben digitalen Workflow erwähnt – gehören die alten „Bänder“ bald der Vergangenheit an?
Ja: digitaler Workflow, das heißt „tapeless“ – also weg vom Band. Wir wollen das Projekt bis 2013 abschließen. Wir werden auch das Archiv digitalisieren. Dann liegen die Aufnahmen auf der Festplatte. Ein Vorteil ist, dass der Redakteur nicht extra ins Archiv gehen muss, sondern dass man das Archivmaterial direkt vom Arbeitsplatz abrufen kann.
Sind Sie ein Befürworter einer Übersiedlung?
Ich bin weder deklariert dafür noch dagegen. Man muss die wirtschaftlichen Parameter erheben und dann entscheiden. An einem neuen Standort wären technische Synergien sicher möglich. Auch von der Trimedialität des Programms her gesehen wäre ein gemeinsamer Standort wahrscheinlich besser. Technisch gesehen ist es wegen der guten Anbindungen eigentlich egal. Ich habe hier keine Präferenzen, sondern bin für die wirtschaftlichste Variante.
Wäre im Falle eines ORF-Neubaues, etwa am Terrain des geplanten Medienclusters in St. Marx, eine Ausgliederung der ORF-Technik denkbar.
Es wird keine Auslagerung der Technik geben. Auch keiner Teile.
Es gab einige Kritik an Ihrer Bestellung: Manche im Stiftungsrat sind nicht sicher, ob Sie für die weitreichenden Aufgaben qualifiziert genug sind.
Ich persönlich habe das nicht gehört – mir hat das keiner gesagt. Ich bin natürlich qualifiziert aufgrund meiner fundierten technischen Ausbildung, habe seit langem Führungsaufgaben im ORF und die technische Direktion zuletzt mit zwei Kollegen geleitet.
Auch Ihr nahtloser Wechsel vom Stiftungsrat in die Geschäftsführung wurde kritisiert. Hat das nicht zumindest eine unschöne Optik?
Der Betrachtungswinkel gibt die Optik vor.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2011)