Fekters Fettnapf, Faymanns Fanal

Auch wenn sich Finanzministerin Fekter ins Zeug legt, um vom Inseratenskandal im Kanzleramt abzulenken: Die demokratiepolitische Problematik der Herren Faymann und Ostermayer bleibt.

Dank Maria Fekter und einer ihrer verbalen Entgleisungen konnte die SPÖ am Samstag ein klassisches mediales Ablenkungsmanöver aus dem Handbuch für politische Manipulation starten. Klares Ziel: Der Skandal um von Werner Faymann möglicherweise bestellte Inserate bei den Österreichischen Bundesbahnen muss weg!

Frau Fekter hatte am Freitagabend am Rande des EU-Finanzministertreffens auf die Dramatik der Situation aufmerksam machen wollen. Das gelang ihr, sie suchte Zuflucht in Küchenpsychologie und Stammtisch-Geschichtswissenschaft: „Auch ich habe mir schon große Sorgen im Hinblick auf die verstärkten Nationalismen, die wir haben, gemacht. Außerdem bauen wir gerade enorme Feindbilder in Europa gegen die Banken und die Reichen, die Vermögenden auf. So etwas hatten wir schon einmal, damals verbrämt gegen die Juden, aber damals waren ähnliche Gruppierungen gemeint. Das hat zweimal in einem Krieg geendet.“ Fekter erklärte weder, was am Holocaust „verbrämt“ war, noch wen sie in Verdacht hat, Banker und Reiche in ein Konzentrationslager schicken zu wollen. Zumindest sprach sie nicht englisch.

Die inflationäre Verwendung der Judenverfolgung der Nazis als Horrorszenario führt zu einer Verharmlosung des Holocaust, so viel steht fest. Maria Fekter macht diesen schweren Fehler nicht als Erste, ob Tierschützer, die von Schweine-KZ, oder Linke, die vom Nazi in jedem Konservativen reden: Die Judenverfolgung in der NS-Zeit kann mit nichts verglichen werden. Punkt.

Aber dass sich zu den üblichen Empörten Michael Landau und Eva Glawischnig – solche Reaktionen sind ein bisschen gekünstelt und eitel, aber gesellschaftspolitisch notwendig – nun Laura Rudas, Werner Faymann und als antifaschistisches Sahnehäubchen der Bund Sozialdemokratischer Akademiker gesellen, ist peinlich bis durchsichtig. Die gesamte SPÖ-Parteispitze musste an diesem Samstag ran. Da hatte sich ein Norbert Darabos „eine derartige Aussage von einem Spitzenrepräsentanten einer christlich-sozialen Partei und einem Mitglied der österreichischen Bundesregierung nicht erwartet“. Da zeigte sich eine Laura Rudas „entsetzt“. Da mahnte ein Bundeskanzler Werner Faymann, sonst in der Kommentierung des Tagesgeschehens ähnlich vorsichtig wie der Bundespräsident, „besondere Sorgfalt in der Wahl der Worte“ ein. Denn: Österreich habe aufgrund der Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden historischen Belastung nämlich eine besondere Verantwortung, mit Äußerungen zu dieser Zeit „angemessen“ umzugehen.

Wer im Kanzleramt solch sensible Worte zu einer solch heiklen Angelegenheit in einer historisch so schwierigen Stunde formulieren muss, kann sich nicht um alte aufgewärmte Geschichten kümmern, wie sie der Pressesprecher des Kanzlers genannt hat. Dass Faymann gemeinsam mit seinem Staatssekretär Josef Ostermayer offenbar recht hemmungslos und mit freundlichem Druck staatsnahe Unternehmen animierte, in befreundeten Medien zu inserieren, um dort für gute Stimmung zu sorgen und das Konterfei des lächelnden Kanzlers zu transportieren, ist aber ein demokratiepolitisches Problem, das nicht einfach verschwindet. Die Faymann-Ostermayer-Methode, mit einzelnen Medien Personal- und Parteipolitik zu machen, galt in Wien längst als offenes Geheimnis. Nun gibt es erstmals Ermittlungen, konkrete Hinweise und Aussagen, die den alten Verdacht gegen die Anzeigenchefs im Kanzleramt erhärten.

Die SPÖ vermutet die ÖVP hinter den Berichten, Faymann und die Seinen sprechen sogar – ein bisschen wehleidig – von einer „Kampagne“. Und: Man könne auch die Inseratenpolitik in der ÖVP-Reichshälfte mit Landwirtschaftsressort und der AMA öffentlich machen.

Bitte! Her mit Details und Zahlen. Nur so wird das System verschwinden. Unter Umständen mitsamt dieser Regierung.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2011)

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