Die ÖVP will Aufklärung über die ÖBB-Inseratenaffäre um Bundeskanzler Werner Faymann - einen U-Ausschuss scheut sie allerdings (noch). Der soll sich nur mit der Telekom beschäftigen, sagen die Koalitionsparteien.
Wien/Maf/Pri. In der ÖVP herrscht offenbar Unklarheit, wie sie mit der Inseratenaffäre um Kanzler Werner Faymann umgehen soll. Generalsekretär Hannes Rauch forderte am Dienstag „lückenlose Aufklärung“ im „roten Medienskandal“. Doch Klubchef Karlheinz Kopf war davor in einer Pressekonferenz zurückgerudert: Für einen U-Ausschuss zu dem Thema (den er am Sonntag noch gefordert hatte) müsse man noch abwarten, ob es zu weiteren Enthüllungen komme. Es stelle sich aber schon die Frage, ob es nach dem „ZiB2“-Interview von Kanzleramtsstaatssekretär Josef Ostermayer am Montagabend überhaupt noch viel aufzuklären gäbe. Der Auftritt sei entlarvend genug gewesen, meinte Kopf sinngemäß.
„Kuhhandel“ in der Koalition?
Der Hintergrund: Derzeit wird um das genaue Thema für den Untersuchungsausschuss gerungen. Die ÖVP will dieses möglichst klein und überschaubar halten und auf die Telekom-Affären beschränken. Untersuchen könnte man damit Affären wie die Vergabe des Behördenfunks, nicht aber beispielsweise den Verkauf der Buwog.
Auch die SPÖ befindet sich auf dieser Linie – zumindest vorerst noch. Besteht die ÖVP auf Untersuchungen zu Faymann, könnten auch noch andere für die ÖVP unangenehme Themen in den Mittelpunkt rücken. Der Grüne Peter Pilz sprach schon von einem „Kuhhandel“ zwischen SPÖ und ÖVP.
Für die SPÖ wird die Inseratenaffäre jedenfalls zunehmend unangenehmer. Staatssekretär Josef Ostermayer, bis zum Jahr 2008 Faymanns Büroleiter im Infrastrukturministerium, hatte am Montag in der „ZIB2“ bestätigt, dass er damals Gespräche mit ÖBB-Vertretern über PR-Maßnahmen geführt habe, um das Image der Bundesbahnen aufzupolieren. Die Abläufe seien aber „formal korrekt“ gewesen.
„Sieben Millionen für Werner“
Seine Kritiker sehen das anders: Faymann und Ostermayer, für die die Unschuldsvermutung gilt, hätten Druck ausgeübt, damit ÖBB und Asfinag für den Minister Inserate in Boulevardmedien schalten. Im Gegenzug dazu habe es in diesen Blättern eine Faymann-freundliche Berichterstattung gegeben.
Ein Beleg dafür sind Aussagen, die Ex-ÖBB-Chef Martin Huber vor dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung tätigte. Er berichtete bei seiner Einvernahme von einem Treffen zwischen ihm, Ostermayer und ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker („Die Presse“ berichtete am Dienstag). Dabei habe man ihm zu verstehen gegeben, dass er vom 23 Millionen schweren Werbeetat für das Jahr 2008 „sieben Millionen für den Werner“ zu reservieren habe, wie die „Regionalmedien Austria“ nun berichten.
Die Oppositionsparteien wollen diese Anschuldigungen in einem eigenen U-Ausschuss prüfen. Die FPÖ geht außerdem von einer Anklage gegen Faymann und Ostermayer wegen Amtsmissbrauch und Untreue aus (die strafrechtliche Relevanz wird gerade von der Justiz geprüft). Dem Medientransparenzgesetz will die FPÖ nur zustimmen, wenn die Regierung ihre Inserate „auf de facto null“ reduziere. SPÖ-Klubchef Josef Cap ist strikt gegen einen U-Ausschuss zur Causa Faymann. Gegen den Kanzler gebe es nichts zu untersuchen. Denn der habe damals kein Weisungsrecht gegenüber den ÖBB-Organen gehabt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2011)