Gebühren: Rektoren widersprechen Töchterle

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Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle will die Unis selbst über die Höhe der Studiengebühren entscheiden lassen. Nur Obergrenze soll gesetzlich geregelt sein. Diesen geht dieser Vorschlag aber viel zu weit.

Wien. Ob auch die Festlegung von Studiengebühren in die Autonomie der Hochschulen fallen sollen, darüber droht sich ein Streit zwischen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) und den Rektoren abzuzeichnen. Das Außergewöhnliche am Konflikt: Die Uni-Chefs wollen diesmal weniger, nicht mehr Selbstbestimmung.
Stein des Anstoßes: Der Entwurf zu einem neuen Studiengebührenmodell, den der Minister der SPÖ in der Vorwoche vorgelegt und gestern Abend öffentlich präsentiert hat. Töchterles Konzept – das von der SPÖ abgelehnt wird – sieht vor, dass die Universitäten selbst entscheiden können, ob und in welcher Höhe sie Studiengebühren einheben. Nur die Obergrenze soll geregelt sein, bei 500 Euro im Semester. Die Unis könnten dann entscheiden, ob sie für sämtliche Studien einheitliche Beträge einheben oder ob für verschiedene Studienrichtungen unterschiedliche Höhen festgesetzt werden. Einzelne Fächer können auch gratis angeboten werden.
Studierende, die an mehreren Unis inskribiert sind, müssen den Beitrag nur einmal entrichten – zu zahlen ist der höhere Betrag. Die Unis müssen das Geld untereinander aufteilen. Als gute Einnahmequelle könnten bald Studierende aus Drittstaaten gelten. Für sie gilt die Höchstgrenze von 500 Euro nicht – die Uni darf von ihnen kostendeckende Gebühren einheben. Die eingehobenen Gebühren bleiben an den jeweiligen Unis – zehn Prozent kommen in einen Topf für sozial bedürftige Studenten. Über die konkrete Verwendung der Mittel sollen Rektorat und ÖH entscheiden. Unis können die Gebühr stunden. Nach zehn Jahren müssen die Schulden abbezahlt sein.
Der Minister erhofft sich von den Gebühren nicht nur zusätzliches Geld für die Unis, er misst ihnen auch einen pädagogischen Effekt bei: Die „Verbindlichkeit“ steige. Dass die Beiträge in die Uni-Autonomie fallen, sei eine „zeitgemäße Neuregelung“. Das sehen nicht alle Uni-Chefs so, die die ideologisch umstrittene Frage, ob Studieren gebührenpflichtig sein soll, gern vom Staat gelöst sähen. So mancher Rektor fürchtet auch „Preiskämpfe“ zwischen Unis.

Kritik der Rektorinnen

Kritik am Modell kam auch von den vier österreichischen Rektorinnen, die sich bei einer Diskussionsrunde des Klubs der Wissenschaftsjournalisten am Montag gemeinsam der Öffentlichkeit präsentierten: Studiengebühren würden keine zusätzlichen Mittel für die Unis bringen, „sie sind im günstigsten Fall kostenneutral“, sagt Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien. Als Ausgleich zur Einführung der Gebühren müssten die Stipendien erhöht werden. Es komme ein Nullsummenspiel heraus. Ohne gute Stipendien gehe es nicht, sagt auch Christa Neuper (Uni Graz). Die Idee, für verschiedene Fächer verschieden hohe Gebühren zu verlangen, bezeichnete Seidler gar als „zynisch“. Einzig Sonja Hammerschmid, seit 2010 Vetmed-Chefin, bezeichnet die Gebühr als „Steuerungsinstrument, das etwas bewirken kann“, etwa „kürzere Studienzeiten.“
Neue Zugangsregeln werden von den Rektorinnen befürwortet. Eine Frage stelle sich Akademie-Chefin Eva Blimlinger dennoch: „Was ist die Matura noch wert?“ Blimlinger weist auf eine Kuriosität hin: Eine Maturantin mit einem Notendurchschnitt von 1,2 muss sich in Österreich dem Medizintest stellen – und kann durchfallen. In Deutschland wird sie laut Numerus clausus ohne Test genommen.
In Begutachtung wird der Minister seinen Gesetzesentwurf übrigens noch nicht schicken: Die Zustimmung der SPÖ fehlt. Am Montag soll es erneut Gespräche mit dem Koalitionspartner geben. Töchterle jedenfalls hofft auf eine Einigung. Falls diese nicht komme – so seine nüchterne Feststellung – „dann bin ich in dieser Frage gescheitert.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2011)

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