Wer Korruptionsprävention sagt, meint fast immer Beamte als Adressaten. Das Problem sitzt jedoch eine Ebene höher.
Das Klischee von der angeblich korrupten Beamtenschaft hat hierzulande Tradition. Und es ist anzunehmen, dass es jene, die am lautesten schimpfen, auch schon versucht haben: nämlich mit ein wenig Bakschisch nachzuhelfen. Irgendwoher muss das „Wissen“ über Österreichs Staatsdiener ja kommen.
Die andere Seite ist, dass sowohl die öffentliche Verwaltung (Wiener Polizeiskandal) als auch Konzerne wie Siemens (siehe Artikel links) aus Fehltritten gelernt haben. Verhaltensregeln, Ehrenkodizes, Schulungen und Whistleblowing-Systeme sind nur einige von vielen Maßnahmen zur Korruptionsprävention. Ziel dieser Arbeit ist es, die Mehrheit der Anständigen dazu zu bringen, bei den schwarzen Schafen genauer hinzuschauen und selbst „sauber“ zu bleiben. Um das zu vermitteln, greifen Unternehmen auf das Wissen externer Berater, Behörden auf das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung (BAK) zurück. Für die meisten Führungskräfte im öffentlichen Dienst sind entsprechende Schulungen längst Pflicht.
Für eine kleine Gruppe von Entscheidern gilt das alles nicht. Dabei sind es (Ex-)Regierungspolitiker, Abgeordnete und Manager staatsnaher Betriebe, deren Treiben derzeit für Kopfschütteln sorgt (siehe Seiten 3, 4, 17 und 18 dieser Ausgabe). Ob je ein Regierungschef, Klubobmann oder Parteimanager im BAK um Präventions-Know-how angefragt hat, wollte „Die Presse“ vom Direktor des Amtes wissen. Dessen Antwort: „Nein, noch nie.“ Keine Fragen mehr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2011)