Die Angst vor der zweiten Bankenkrise

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Die Schuldenkrise macht den Banken immer größere Probleme. Der Internationale Währungsfonds fordert rasch neue Rettungspakete. Investoren aus China, Singapur und dem arabischen Raum sollen zu Hilfe eilen.

Wien. Viele europäische Staaten haben kein Geld mehr, um ihre Banken vor einer neuen Krise zu retten. Daher sollen nun Investoren aus China, Singapur und dem arabischen Raum zu Hilfe eilen. Der Singapurer Staatsfonds GIC ist bereits mit acht Milliarden Euro bei der Schweizer Großbank UBS engagiert. Die Bank-Austria-Mutter UniCredit setzt ihre Hoffnungen auf China. In den vergangenen Tagen kauften fünf chinesische Staatsfonds und die Pekinger Notenbank Aktien von UniCredit auf. Der Anteil ist mit 0,46 Prozent noch gering, doch die Chinesen haben Lust auf mehr. „Jeder ist bei uns willkommen“, versichert UniCredit-Chef Federico Ghizzoni. Am Donnerstag machten Meldungen die Runde, dass französische Banken um eine zwei Milliarden Euro schwere Finanzspritze aus dem Golfstaat Katar betteln. Dies wurde später von einem Sprecher der Pariser Bank BNP Paribas dementiert. Faktum ist aber, dass Europas Kreditinstitute im Zuge der europäischen Schuldenkrise immer mehr in Bedrängnis geraten.

Sprengstoff in den Bilanzen

Die Ratingagentur Standard & Poor's senkte in der Nacht auf Donnerstag die Bonität von sieben italienischen Finanzkonzernen, zusätzlich wurde der Ausblick von UniCredit von „stabil“ auf „negativ“ gesetzt. Eine schlechtere Kreditwürdigkeit bedeutet, dass die Banken höhere Zinsen für die Beschaffung von Kapital zahlen müssen. In vielen Ländern funktioniert das Finanzsystem nur noch dank massiver Unterstützung der Europäischen Zentralbank, die den Instituten unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellt.

Jetzt warnt auch der Internationale Währungsfonds (IWF), das internationale Finanzsystem sei so verletzlich wie zuletzt nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008. „In den vergangenen Monaten sind die Risken für die Stabilität des Finanzsystems erheblich gestiegen“, heißt es im halbjährlichen IWF-Bericht.

Sprengstoff sieht der Fonds vor allem in den europäischen Bankbilanzen. Der IWF bezifferte den Abschreibungsbedarf auf 300 Milliarden Euro, wenn die Institute Anleihen aus den europäischen Problemländern zum Marktwert in ihren Büchern angeben müssten. Der Währungsfonds forderte die europäischen Regierungen daher dringend auf, die Finanzkonzerne erneut mit Staatsgeld zu unterstützten. Doch es gibt Zweifel, ob sie dazu in der Lage sind.

Wie geht es Österreichs Banken?

Die IWF-Analyse sorgte am Donnerstag auf den Börsen weltweit für eine Talfahrt. In Österreich stürzte der Leitindex ATX auf das tiefste Niveau seit 28 Monaten, betroffen waren vor allem die Aktien von Erste Bank und Raiffeisen Bank International.

Wie gefährdet sind Österreichs Kreditinstitute? Anders als französische und deutsche Banken halten sie wenige griechische Staatsanleihen. Bei einer Pleite Griechenlands droht jedoch ein Dominoeffekt. Denn die Athener Finanzkonzerne sind in Ländern wie Bulgarien, Albanien und Serbien stark engagiert, in denen auch Österreichs Institute vertreten sind.

„Wenn die griechischen Banken in Südosteuropa umfallen, hätte dies auch gravierende Folgen für die österreichischen Banken“, warnt Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) fordert Österreich auf, einen Notfallplan zu entwickeln, „für den Fall, dass sich die Lage in einem oder mehreren Ländern Zentral- und Osteuropas merklich verschärft“.

Bei den heimischen Banken gilt es jedoch zu unterscheiden: Am schlimmsten geht es der Hypo Alpe Adria, die noch einmal 1,5 Milliarden Euro braucht. Möglicherweise kommt hier wieder der Steuerzahler zum Handkuss. Schwierig ist auch die Lage bei der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), die vom Steuerzahler mit einer Milliarde Euro unterstützt wurde. Der ÖVAG kann seit drei Jahren keine Zinsen für das Staatskapital zahlen.

Das Schicksal der Bank Austria entscheidet sich in Mailand. Die Konzernmutter UniCredit hält italienische Staatsanleihen im Volumen von 40 Mrd. Euro. Bis November soll Bankchef Ghizzoni einen Plan zur Kapitalstärkung vorlegen.

Die Raiffeisen Bank International (RBI) will sich in den nächsten zwölf Monaten Geld von der Börse holen, dazu muss sich aber der Aktienkurs erholen. Die Erste Bank hat ursprünglich geplant, bis Ende September die Staatshilfe von 1,2 Mrd. Euro zurückzuzahlen, doch die Genehmigung der Aufsicht steht noch aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2011)

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