Hintergrund. In SPÖ und ÖVP steigt die Abneigung gegen den Partner, es herrscht Wahlkampfstimmung.
Wien/No. Werner Faymann und Michael Spindelegger eint ein Schicksal. Wenn sie ihre eigenen Funktionäre begeistern wollen, hilft aufgrund ihres zurückhaltend-ruhigen Wesens nur eines: den Koalitionspartner angreifen. Die gegenseitigen Angriffe der vergangenen Wochen haben die kurzen koalitionären Flitterwochen des alten Kanzlers und des neuen Vizekanzlers beendet, nun herrscht in beiden Parteien offene Wahlkampfstimmung. Es sind vor allem die Angriffe wegen der ÖBB-Inserate (in der SPÖ) und die Kritik an Wolfgang Schüssels Regierung (in der ÖVP), die für Aggressionen sorgen.
Dahinter liegen alte Verletzungen: In der SPÖ ist eine ganze Generation junger Politiker durch den Widerstand gegen Schwarz-Blau vor elf Jahren geprägt worden. In der ÖVP ist man nach wie vor der Meinung, dass die SPÖ gegen Wilhelm Molterer nur irrtümlich gewonnen hat. Und dass die Partei des Kanzlers das Land in den Schulden-Untergang führe.
Viele haben den Anspruch auf das Kanzleramt nie aufgegeben. Nicht wenige glauben, dass dieser notfalls mit der FPÖ als Juniorpartner in einer Koalition durchgesetzt werden sollte. Die Korruptionsvorwürfe gegen Schwarz-Blau haben diese Idee ramponiert, verschwunden ist sie nicht. Allerdings: Rutscht die ÖVP auf Platz drei in der Wählergunst, wird es Schwarz-Blau kaum geben. Als Juniorpartner wird sie Heinz-Christian Strache nicht zum Kanzler machen.
Und die SPÖ? Dort träumen viele Spitzenfunktionäre vom Ende der Großen Koalition. Mit Blick auf das Beispiel Wien wurde als sehr ehrgeiziges Ziel Rot-Grün ausgegeben. Noch trennen die beiden Partei davon gut zehn Prozent der Stimmen. Aber noch habe man zwei Jahre – Wahlkampf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2011)