Steirischer Reformeifer: Weg mit Gemeinden, Bezirken und Proporz

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Steiermark als Musterland. Bis 2015 soll die Zahl der Gemeinden und Bezirke reduziert und der Proporz abgeschafft werden. Bei der Opposition stößt das nicht nur auf Begeisterung. Man befürchtet Machtmissbrauch.

Gerhard Hirschmann konnte es gar nicht schnell und radikal genug gehen. Anno 1997 forderte der ehemalige VP-Landesrat die Abschaffung der Bundesländer. Die von ihm als „folkloristische Geldvernichtungsmaschinen“ gegeißelten Landtage sollten in einem gesamtösterreichischen „Generallandtag“ aufgehen. Auch den Bundesrat hätte er abgeschafft.
Vierzehn Jahre später bahnt sich in Hirschmanns steirischer Heimat zumindest eine Verwaltungsrevolution innerhalb der Landesgrenzen an: Die SPÖ/ÖVP-Regierungskoalition hat sich auf ein umfassendes Reformpaket geeinigt. Neben der Reduzierung der aktuell 542 Gemeinden sollen auch Bezirke – derzeit 17 – zu verwaltungstechnischen Großregionen zusammengelegt werden. Den Anfang machen schon ab Jänner die Bezirke Judenburg und Knittelfeld, die unter dem Dach „Murtal“ zusammengefasst werden. Weitere Fusionen im Osten (Feldbach-Fürstenfeld-Radkersburg), im Süden (Deutschlandsberg-Leibnitz) und auch im Großraum der Landeshauptstadt (Graz und Graz-Umgebung) könnten folgen. Auf Gemeindeebene gestaltet sich die Neuordnung komplexer. Fakt ist, dass die derzeitig kleinststrukturierte Gemeindelandkarte Österreichs mit teils kuriosen Auswüchsen (acht Feuerwehren in einem Ort, drei Gemeindeämter in einem Haus) finanziell nicht mehr überlebensfähig ist. Dem stehen aber lokale Widerstände und Ängste vor Identitäts- und politischem Einfluss-Verlust gegenüber.

Vier Etappen bis zum Ziel

Wie viele Gemeinden tatsächlich fusionieren werden, welche den Zwischenschritt über Gemeindeverbände wählen, steht noch nicht fest. In einem vierphasigen Entscheidungsprozess soll bis Jänner 2013 ein endgültiger Vorschlag auf dem Tisch liegen, um rechtzeitig vor den nächsten Gemeinderatswahlen 2015 die rechtlichen Grundlagen für eine völlig neu gezeichnete Landkarte der Steiermark schaffen zu können. Parallel soll auch die Landesverwaltung einer Radikaldiät unterzogen werden und die derzeit 50 Abteilungseinheiten im besten Fall halbiert werden.

Etwas in den Schatten gerückt ist, dass sich SPÖ und ÖVP auch auf eine Verkleinerung von Landtag und Landesregierung sowie nach jahrzehntelanger wechselseitiger Blockade auch auf die Abschaffung des Proporzes in der Landesregierung geeinigt haben. Das stößt bei der Opposition aber auf gemischte Gefühle. Zwar sind auch die Kleinparteien für ein Ende der automatischen Regierungsbeteiligung ab einer bestimmten Stimmenstärke. Sie befürchten aber einen Machtmissbrauch der Großen und massive Beschneidungen der Kontrollmöglichkeiten der Kleinen. Schon jetzt sind von der innigen SP/VP-Partnerschaft Unterausschüsse im Landtag praktisch abgeschafft worden. Transparenz fehlt.

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