Bundesheer: Entacher-Abberufung rechtswidrig

Bundesheer: Entacher-Abberufung rechtswidrig
Bundesheer: Entacher-Abberufung rechtswidrig(c) APA/GEORG HOCHMUTH (Georg Hochmuth)
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Erste Etappe im Verfahren um die Absetzung des Generalstabschefs: Die Weisung des Ministers ist nicht haltbar. Das Ministerium sieht sich trotzdem bestätigt.

[Wien] General Edmund Entacher hat im Verfahren gegen seine Abberufung einen ersten Etappensieg errungen: Die Berufungskommission im Bundeskanzleramt hat die Absetzung des früheren Generalstabschefs als rechtswidrig eingestuft. Unmittelbare Rechtsfolgen ergeben sich daraus noch nicht: Jetzt muss die Kommission über den vor wenigen Wochen ausgestellten Versetzungsbescheid entscheiden.

Die Affäre hat im Jänner ihren Ursprung genommen: General Entacher hat sich in einem „Profil"-Interview für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen und ist damit offen gegen die Linie von Verteidigungsminister Norbert Darabos aufgetreten, der für die Umstellung auf ein Berufsheer plädiert. Darabos hat daraufhin per Weisung seinen höchsten Offizier abberufen und diesen Monate später auf einen anderen - rangmäßig niedrigeren - Posten versetzt.

Dienstpflichten verletzt?

Mit einem schriftlichen Bescheid - nur gegen diesen kann man berufen - ließ sich der Minister lange Zeit. Nach sechs Monaten brachte Entacher eine Versäumnisbeschwerde ein.

Erst danach stellte Darabos einen 220 Seiten langen Versetzungsbescheid aus, in dem das Entacher-Interview nicht mehr Hauptthema war. Der Minister warf seinem General darin eine Reihe von Verletzungen der Dienstpflicht vor. Entacher selbst sieht das als Vorwand: Eine Abberufung aufgrund einer Meinungsäußerung sei rechtlich nicht haltbar.

Die Entscheidung der Berufungskommission bezieht sich jetzt auf den ersten Akt, die Versäumnisbeschwerde. Die Darabos-Weisung zur Abberufung wird darin für rechtswidrig erklärt, so Entacher-Anwalt Martin Riedl. Das Ministerbüro spielte die Entscheidung herunter und interpretierte das Ergebnis auf seine Weise: Die grundsätzliche Vorgangsweise des Ministeriums sei bestätigt worden, nur die Legaldefinition „Abberufung" sei beanstandet worden, so das Ministerium in einer Aussendung. Eine Interpretation, die Riedl „mit großer Verwunderung" gelesen hat: „Das Gegenteil ist der Fall. Die Absetzung wurde ausdrücklich als rechtswidrig bezeichnet." Sowohl der Entacher-Anwalt als auch das Ministerbüro wollen den Entscheid selbst nicht veröffentlichen.

Eine endgültige Entscheidung über die Absetzung wird noch in diesem Jahr erfolgen. Die Berufungskommission im Bundeskanzleramt hat insgesamt drei Monate Zeit, den Einspruch gegen den Versetzungsbescheid zu behandeln. Anwalt Riedl sieht auch hier gute Karten: Aus dem jetzt vorliegenden Bescheid ergebe sich, dass alle weiteren Aktionen des Ministers nur dazu angetan gewesen seien, eine rechtswidrige Handlung zu kaschieren.

Wiedereinsetzung möglich

Darüber entscheiden wird letztlich neuerlich ein dreiköpfiges Tribunal unter Vorsitz eines Richters, ergänzt um zwei Beamte, einen von der Arbeitgeber- und einen von der Arbeitnehmerseite. Sollte Entacher da recht bekommen, könnte er in seiner Funktion als Generalstabschef wieder eingesetzt werden - was einen Prestigeverlust für Minister Darabos bedeuten würde. Neu besetzt wurde die Position bisher nicht: Entachers Stellvertreter Othmar Commenda wurde nur provisorisch mit der Aufgabe betraut.

Entscheidet die Berufungskommission gegen Entacher, so steht diesem noch ein weiterer Rechtsweg offen: Er kann beim Verfassungsgerichtshof berufen - und hat auch schon angekündigt, alle möglichen Rechtsmittel ausschöpfen zu wollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2011)

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