Inseraten-Beirat als neues, einigendes Prinzip der Koalition

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es Prinzip(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Kanzler Werner Faymann und Vize Michael Spindelegger drängen auf Kriterien für Inseratenvergabe und demonstrieren Harmonie. Details blieben die Regierungs- und gleichzeitig Parteispitzen aber schuldig.

Wien. Am Dienstag war dann schon wieder alles in Ordnung. Zumindest bemühten sich die Regierungsspitzen im Pressefoyer nach dem Ministerrat redlich, diesen Eindruck zu vermitteln. Telekom-Affäre, Inseraten-Affäre, Untersuchungsausschuss-Debatte: Alles vergessen zwischen Rot und Schwarz? Jedenfalls wolle man jetzt – noch mehr denn je – an einem Strang ziehen, versuchten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize, Michael Spindelegger (ÖVP), zu demonstrieren. Ein neues, gemeinsames Projekt war nach mühevollen koalitionären Vorbereitungen von Montagabend auch schon gefunden: Ein neuer österreichischer Inseraten-Beirat solle demnächst Kriterien definieren, inwieweit Regierungsmitglieder künftig Inserate vergeben und gestalten dürfen – und wie nicht. „Objektivität“ sei das entscheidende Prinzip, hieß es am Dienstag.

Mit der Idee eines Beirats packten Spindelegger und Faymann ein Problem, das ihre Zusammenarbeit zuletzt beinahe erschüttert hat, zumindest vorgeblich bei den Wurzeln. Immerhin ist Faymann erneut in die Schlagzeilen geraten, weil er – noch als Verkehrsminister der Regierung Gusenbauer – Inserate von Asfinag und ÖBB vermittelt haben soll. Um sich damit selbst positive Berichterstattung zu sichern, wie Kritiker der anderen Lager – insbesondere auch der ÖVP – daraufhin mehr oder weniger offen ätzten.

Wobei Faymann sämtliche Vorwürfe dementiert hat. Die ÖVP drängt dennoch vehement auf eine „lückenlose“ Aufklärung der Causen aus den Vorjahren. Ob die mögliche Inseratenvergabe durch Faymann auch Thema des geplanten parlamentarischen U-Ausschusses sein soll, darauf wollte sich Spindelegger noch nicht festlegen (siehe Art. unten).

Jetzt also die gemeinsame Mission eines Inseraten-Beirats. Details blieben die Regierungs- und gleichzeitig Parteispitzen am Dienstag aber schuldig. Spindelegger meinte noch, Vorbild könnte etwa das britische Modell sein: In Großbritannien regelt eine eigene Mediaagentur die Inseratenvergabe zwischen Regierung und Medien. Zu den Kriterien gehört, ob man mit einem Inserat zu einem bestimmten Thema überhaupt die entsprechende Zielgruppe erreicht. Der Eindruck, man könne sich in Österreich Berichterstattung „kaufen“, müsse jedenfalls vermieden werden, so Spindelegger.

Bei der Opposition fanden die Regierungsspitzen am Dienstag wenig Widerhall mit ihrer Idee eines Inseraten-Beirats: Vertreter von FPÖ, BZÖ und Grünen erklärten nach einer Verhandlung der Parlamentsfraktionen zum neuen Medientransparenzgesetz, Spindelegger und Faymann hätten jegliche Details zum Projekt vermissen lassen.

„Es wird gearbeitet“

Häme aus den Oppositionsparteien ernteten die beiden auch für ihre sonstige Performance beim Ministerrat: Kanzler und Vizekanzler hätten sich wieder einmal wenig konkret gegeben. Faymann und Spindelegger selbst hatten freilich unisono betont: „Es wird gearbeitet.“ Das zuletzt vielfach kolportierte Ende der anfangs fast freundschaftlichen Zusammenarbeit der Regierungsspitzen sei nicht gegeben. Die ebenfalls schon vermuteten Neuwahlen hat Faymann in der „Kleinen Zeitung“ bereits ausgeschlossen.

Beim Leistungskatalog von Rot-Schwarz verließ man sich überwiegend auf bereits grundsätzlich Beschlossenes: Kanzler und Vize führten unter anderem die geplante Transparenzdatenbank oder die Zusatzmillionen für mehr Kinderbetreuungsplätze an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2011)

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