Wegen der Verschärfung der Krise will die Aufsicht, dass die Banken die Staatshilfe später zurückzahlen. Die Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) lenkt bereits ein. Erste-Bank-Chef Treichl verhandelt noch.
Wien. Erste-Bank-Chef Andreas Treichl hat sich verschätzt. Im Juli kündigte er an, dass er bis Ende September die Staatshilfe von 1,2 Mrd. Euro zurückzahlen wird. Doch das geht sich nicht aus. „Wir führen derzeit intensive Gespräche mit der Aufsicht“, heißt es bei der Erste Bank. Weitere Details sollen voraussichtlich Ende Oktober anlässlich der Veröffentlichung der Quartalszahlen bekannt gegeben werden. Finanzmarktaufsicht und Nationalbank geben zu laufenden Verhandlungen mit Treichl keine Stellungnahme ab.
Dem Vernehmen nach steigen die Behörden derzeit auf die Bremse, wenn Institute ihre Staatsschulden allzu schnell tilgen wollen. Die Volksbanken AG lenkt bereits ein. Denn die Krise auf den Finanzmärkten hat sich in den vergangenen Wochen zugespitzt. Die Aufsicht rät daher allen Generaldirektoren, über einen Eigenkapitalpolster zu verfügen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Die Eigenmittelausstattung der heimischen Finanzkonzerne ist im internationalen Vergleich niedrig.
Im Gegensatz zur Konkurrenz in Frankreich und Deutschland halten Österreichs Finanzkonzerne zwar kaum griechische Anleihen. Verschärft sich aber die Lage in Griechenland, befürchtet Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) einen Dominoeffekt in Osteuropa. Denn die Athener Institute sind in Bulgarien, Albanien und Serbien stark engagiert – Länder, in denen auch Österreichs Institute vertreten sind.
Bankenkurse im Keller
Hinzu kommen noch andere Probleme wie die Vorgangsweise in Ungarn, wo Fremdwährungskredite auf Kosten der Banken zu einem günstigen Kurs umgewandelt werden müssen. Österreichs Finanzkonzernen drohen dadurch Zusatzbelastungen im dreistelligen Millionenbereich.
Im Fall der Erste Bank wird eine „gesichtswahrende Lösung“ nicht ausgeschlossen. So könnte das Institut vorerst nur einen Teil der Schulden beim Staat tilgen. Treichl will sich wegen der Zinsen von acht Prozent möglichst schnell von den Fesseln des Bundes lösen. Bislang hat er schon mehr als 250 Mio. Euro überwiesen.
Mit der schwierigen Lage auf den Finanzmärkten müssen sich auch andere Generaldirektoren herumschlagen: Die Raiffeisen Bank International kündigte im August an, in den nächsten zwölf Monaten eine Kapitalerhöhung durchführen zu wollen. Mit dem Erlös könnte unter Umständen ein Teil des Staatsgeldes zurückbezahlt werden. Doch beim derzeitigen Aktienkurs von 22 Euro ist eine Geldaufnahme ausgeschlossen. Eine rasche Erholung gilt als unwahrscheinlich. Die Analysten von UBS halbierten das Kursziel für die Raiffeisen-Aktien von 41 Euro auf 21 Euro. Zum Vergleich: Die letzte Kapitalerhöhung führten die Giebelkreuzer im Oktober 2007 bei einem Kurs von 104 Euro durch.
Appell von Christian Konrad
Christian Konrad, Raiffeisen-Generalanwalt, verlangt daher eine Verschiebung der neuen Eigenkapitalvorschriften (Basel III). Damit würde sich die Situation für die Banken entschärfen. Konrad warnt vor einer Kreditklemme und sieht große Schwierigkeiten, sich an der Börse Kapital zu holen: „Die Börsenkurse liegen derzeit bei den meisten Unternehmen deutlich unter ihrem inneren Wert. Die Zeit für Kapitalerhöhungen ist daher denkbar ungünstig – sofern sie überhaupt möglich sind.“
Dramatisch ist die Lage bei der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), die seit drei Jahren keine Zinsen für die erhaltene Staatshilfe von einer Mrd. Euro zahlen kann.
Laut Vertrag mit dem Finanzministerium sollte ÖVAG-Chef Gerald Wenzel heuer die erste Tranche von 300 Mio. Euro zurückzahlen. Doch davon ist jetzt keine Rede mehr. Ein Sprecher von Finanzministerin Fekter sagte dem „Wirtschaftsblatt“: „Wir wollen nicht, dass durch die Rückzahlung die Stabilität der Bank gefährdet ist.“ Bei der ÖVAG heißt es dazu, dass alle Kräfte darauf gerichtet seien, Eigenmittel aufzubauen und Risken abzubauen. Indes wächst der Druck, dass der im Frühjahr 2012 auslaufende Vertrag von Wenzel nicht mehr verlängert wird. Als möglicher Nachfolger gilt Kommunalkredit-Chef Alois Steinbichler – ein ausgewiesener Sanierungsexperte. „Wir kennen dieses Thema nicht“, sagen jedoch ÖVAG und Steinbichler.