Nach nur 20 Minuten wurde der Prozess am Landesgericht Linz um mutmaßliche Übergriffe eines Volksschuldirektors gegen einen Siebenjährigen vertagt. Kinderpsychiatrisches Gutachten soll in Auftrag gegeben werden.
Linz. Prozessauftakt im spektakulären Fall Volksschüler gegen Republik Österreich: Nur die beiden Anwälte der Streitparteien waren gestern Vormittag zur ersten Tagsatzung am Landesgericht Linz erschienen: Kurt Lichtl für seinen minderjährigen Mandanten, der 3500 Euro Schmerzensgeld für Übergriffe durch dessen damaligen Volksschuldirektor fordert, und Herbert Arzberger, der die Finanzprokuratur vertritt.
Der Schuldirektor, der zwei Vorfälle zugegeben haben soll – einen Schlag auf den Hinterkopf und ein festes Anpacken des damals Siebenjährigen – wird am 21. November befragt. Bis dahin wurde der Prozess nach nur zwanzig Minuten vertagt. Auch der Vater des Buben wird als Zeuge aussagen. Außerdem wird ein kinderpsychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Laut Klagsschrift habe der Bub Schulangst entwickelt und sei Bettnässer geworden.
Keine einvernehmliche Lösung
Eine einvernehmliche Lösung für die Vorfälle, die im Schuljahr 2008/2009 in einer Linzer Volksschule stattgefunden haben sollen, ist nicht in Sicht: Den Eltern waren außergerichtlich erst 200 und dann 500 Euro angeboten worden. Ohne Erfolg, wie Arzberger erklärte. „Es geht nicht ums Geld“, kommentierte Lichtl die Feststellung von Richter Stefan Pellegrini, dass der mittlerweile Zehnjährige aus dem Verfahren – außer einem finanziellen – wohl keinen Vorteil ziehen werde. „Man muss sich fragen, was für den Buben das Beste ist“, regte der Richter eine Einigung an.
Lichtl: „Es gibt hier eine gesellschaftspolitische Dimension. Es muss klargestellt werden, dass das Verhalten des Lehrers nicht nur rechtswidrig, sondern auch schuldhaft war.“ Beim Versuch einer Klärung und einer Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen sei von den Schulbehörden „wenig kooperatives Verhalten“ gezeigt worden. Auch eine Entschuldigung des seit einem Jahr pensionierten Volksschuldirektors habe es bis heute nicht gegeben. „Ich kann ihn nicht dazu zwingen“, entgegnete Arzberger auf die Frage, ob eine Entschuldigung nicht angebracht wäre. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Pädagogen sei niemals in Zweifel gezogen worden: „Wir können aber dem Kläger kein Steuergeld hinterherwerfen, wenn es keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Bettnässen und den Vorfällen gibt“, so der Anwalt. Laut eines urologischen Befunds vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz sei bewiesen, dass das Bettnässen auch schon vor den Übergriffen aufgetreten sei und der Bub ebenfalls davor ergotherapeutisch betreut worden sei.
Auch die Frage einer möglichen Mitschuld des Kindes steht im Raum – es soll den Pädagogen „provoziert“ haben: „Auch wenn das stimmen sollte – ein Lehrer muss mit solchen Situationen umgehen können“, meint Lichtl.