Inserate: Aus für britisches „Vorbild-Modell"

(c) Symbolbild / Erwin Wodicka
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„Central Office of Information“, das der Volkspartei als Vorbild für einen Beirat für Regierungsinserate gilt, wird geschlossen. Dabei genießt das Informationsamt parteiübergreifend einen ausgezeichneten Ruf.

Wien/London. Die einen wollen es einführen, die anderen schaffen es ab: In der Debatte um eine Kontrolle der Regierungsinserate nannte Vizekanzler Michael Spindelegger das „britische Modell“ als Vorbild. Auf den Inseln selbst jedoch steht das „Central Office of Information“ (COI), das zentrale Informationsamt in London, das sämtliche Werbekampagnen der Regierung und der Ministerien betreut, vor dem Aus. Die Behörde, einer der größten Anzeigen-Auftraggeber des Landes (Werbeetat 2008/9: 250 Mio Pfund), wird mit Jahresende geschlossen.
Die Regierungsbehörde, die dem Büro des Premierministers untersteht, aber von Beamten geführt und politisch neutral sein soll, war eine der ersten öffentlichen Einrichtungen, die dem Rotstift der Cameron-Regierung zum Opfer fiel. Schon im vergangenen Jahr wurde der Etat von über 500 Mio. Pfund eingefroren, fast die Hälfte der über 700 Mitarbeiter entlassen und nur noch die als „absolut unverzichtbaren“ Werbe- und Aufklärungskampagnen fortgesetzt. Nachdem die Regierung zunächst angekündigt hatte, das COI nur reformieren zu wollen, verkündete sie im Juni 2011 überraschend die Schließung. Dabei genießt das Informationsamt, das 1946 gegründet wurde und für seine Aufklärungs- und Werbekampagnen zu Themen von Alkohol am Steuer bis Schlaganfallrisiken Preise gewonnen hat, parteiübergreifend und in der Werbebranche einen ausgezeichneten Ruf. Zwar beklagten die britischen Oppositionsparteien immer wieder, dass der Etat des COI in Wahljahren auffällig hoch gewesen sei. Doch an den Vorwürfen parteipolitischer Beeinflussung sei nichts dran, so Tom Page, Sprecher der „Advertising Association“. „Das COI macht Werbung für die Regierung, nicht die Parteien. Und die strikten Neutralitätsregeln bewahren es davor, für Parteipolitik missbraucht zu werden“, so Page zur „Presse“. Auch die Bevorzugung bestimmter Medienunternehmen sei nie ein Problem gewesen – bei der Wahl des jeweiligen Mediums für Anzeigen und Kampagnen habe sich das COI stets nur nach der Frage gerichtet, „welches Publikum sie erreichen und welche Botschaft sie vermitteln wollen“.

Nur eine einzige Werbeagentur

Noch hat die Cameron-Regierung nicht entschieden, wie das COI ersetzt wird. Offenbar sollen die Ministerien sich wieder selbst um ihre Kampagnen und das Werbebudget kümmern. Ein entscheidendes Element aber, das erst 2010 eingeführt wurde, soll beibehalten werden: Eine einzige Agentur aus der Privatwirtschaft, „M4C“, die zu einem der weltgrößten Kommunikations- und Werbekonzerne der Welt gehört, hat von der Regierung den Auftrag für den gesamten Medienkauf erhalten, sprich das Schalten von Anzeigen in Zeitungen und Online und den Kauf von Werbezeit im Fernsehen.

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