Entwicklung: Osteuropa erholt sich jetzt erst

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Die osteuropäischen Märkte haben die Talsohle durchschritten. Nun fürchten viele Ökonomen eine neuerliche Konjunkturflaute. Die österreichischen Immobilieninvestoren sind aber noch zuversichtlich.

Krise? Welche Krise? Die österreichischen Immobilieninvestoren üben sich in Optimismus. Die gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme seien eine Euro-Schuldenkrise, die Länder Osteuropas wiesen eine geringe Verschuldung auf, stellt CA-Immo-Chef Bruno Ettenauer fest. Dass schwierige Zeiten kommen, sei noch gar nicht sicher, meint Eduard Zehetner, Chef der Immofinanz. „Derzeit sehen wir eine Krise auf den Finanzmärkten, aber noch nicht in der Realwirtschaft.“ Und wenn, würde sie erst mit Zeitverzögerung auf die Immobilienmärkte durchschlagen. Die Banken würden vernünftige Projekte finanzieren. Es handle sich um ein psychologisches Phänomen, dass die Investoren vor Schreck erstarrt seien, meint S-Immo-Chef Ernst Vejdovszky. Sogar im stabilen Polen bemerkte man zuletzt mehr Zurückhaltung.

Relativ hohe Preise in Warschau


In der Wahrnehmung der Investoren, die großteils in London oder an der Wall Street sitzen, sei Osteuropa komplett uninteressant, meint Zehetner. Während der letzten Krise hätten sich die Investoren aus diesen Märkten verabschiedet und seien noch nicht wieder zurückgekehrt. Das sollte die Märkte diesmal aber vor Überhitzung schützen, hoffen die Österreicher. 
Liebkind der Investoren ist Polen: Auch wegen der Größe des Marktes, meint Ettenauer. Dort sei die nötige Liquidität gegeben. Das bedeutet, dass man leichter einen Käufer findet, wenn man gerade ein Objekt loswerden will. In kleinen Ländern sei die Zahl potenzieller Käufer geringer.

Der polnische Markt sei allerdings von der Rendite her nicht mehr so günstig, stellt Zehetner fest. Das hänge damit zusammen, dass der Markt immer sicherer und mit Westeuropa vergleichbar werde. Erst vor wenigen Tagen hat die Immofinanz um 102 Millionen Euro die Büroimmobilie Park Postepu in Warschau gekauft. Dabei handelt es sich um die größte Akquisition eines Büroobjektes durch die Immofinanz seit 2008. Der Preis, den man dafür bezahlt habe, sei akzeptabel, man habe ihn jedoch schon ein halbes Jahr vorher ausverhandelt, berichtet Zehetner.

In guter Warschauer Lage bekomme man Büros derzeit mit 6,25 Prozent Rendite. Das sei um 100 Basispunkte (einen Prozentpunkt) mehr als in Wien oder um 125 Basispunkte höher als in Deutschland. Polen sei bei internationalen Investoren gefragt, weil es sich um einen der größten Märkte Osteuropas handle und die Leerstandsrate relativ gering sei, berichtet Ettenauer. Das sorge für leicht steigende Preise. Der tschechische Markt stehe auch noch ganz gut da.


Für Ungarn sei die Investorenstimmung angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen derzeit nicht allzu positiv, es fänden nur wenige Transaktionen statt. Ursache sei aber auch, dass die Eigentümer nicht verkaufen wollen, weil sie denken, es sei nicht der optimale Zeitpunkt. „Sie glauben immerhin, dass es nicht noch schlimmer wird, meint Ettenauer. Er selbst denkt, dass Ungarn unter seinem Wert gehandelt wird. „Wir sind schon lange auf diesem Markt, haben ein großes Know-how und eine starke Mannschaft“, betont der CA-Immo-Chef. An einen Rückzug aus Ungarn denke man daher keinesfalls.
Das sieht auch Vejdovszky so: „Wer schon in Ungarn ist, bleibt auch dort.“ Erst kürzlich habe die S-Immo einen Mietvertrag mit der Citigroup in Budapest verlängert. Neue westliche Investoren würden allerdings kaum ein Büro in Budapest eröffnen, der Markt sei ein lokaler geworden. Dass es Druck auf die Mieten gebe, sei jedoch nichts Neues, das sei schon seit drei Jahren so. In der Slowakei würden sich ausländische Investoren ebenfalls eher zurückhalten. Wenn man verkaufe, dann zumeist an lokale Interessenten.
Zehetner ist der Ansicht, dass Ungarn mehr unter der noch nicht ausgestandenen Krise von 2008 leide als unter der aktuellen politischen Situation: Sowohl Ungarn als auch Rumänien seien stark von der jüngsten Rezession getroffen worden, das sei auf dem Immobilienmarkt noch immer spürbar. Dass sich die Investoren von der derzeitigen ungarischen Politik abschrecken lassen, glaubt der Immofinanz-Boss nicht. Wer in Osteuropa investiere, tue das wegen der Perspektive auf viele Jahre hin. „Langfristig ist das Wachstumspotenzial deutlich größer als in Westeuropa.“

Rumänien kommt aus der Krise


In Rumänien tue sich derzeit nicht viel. Die Transaktionen hätten gerade erst die Talsohle durchschritten. In Bukarest gebe es „kein dramatisches Überangebot“ an erstklassiger Bürofläche, der Markt sei daher durchaus interessant. Einzelne Projekte liefen dort gut, erzählt Zehetner. Das kurz vor der Eröffnung stehende Maritimo Shopping Center in Constanta mit 50.000 Quadratmetern vermietbarer Fläche sei bereits voll vermietet.
Die Dinge funktionierten in Rumänien viel besser, als man im Westen glaube, stellt Vejdovszky fest. Die Institutionen würden unterschätzt, die Verträge würden halten. Die Neuinvestitionen seien allerdings seit drei Jahren auf sehr niedrigem Niveau. Das habe immerhin den Vorteil, dass alles, was fertig werde, gut absorbiert werde. Auch die Kaufkraft habe sich in Rumänien zuletzt deutlich verbessert, berichtet Ettenauer.

In Russland kann man sich noch günstig mit Immobilien eindecken. Die Rendite beträgt laut Zehetner 9,5 Prozent bei Büros und 11,5 Prozent bei Einzelhandelsimmobilien. „Wobei man sich schon die Frage stellen kann, wofür diese hohe Differenz zum Westen steht.“ Der Immofinanz-Chef glaubt, dass die Rendite-Aufschläge zu hoch sind und Moskau daher günstig ist.

Auf dem Investitionsradar der Immofinanz stehen vor allem Polen, Tschechien und Moskau. Ausschließen will Zehetner aber nichts: „Wir schauen uns immer die Mikrolage an.“
Die S-Immo ist noch nicht in Russland investiert. „Solange die Kapitalmärkte sich nicht deutlich erholen, werden wir nicht in diesen Markt gehen“, sagt Vejdovszky. Zwar sei es kein Problem, von den Banken Finanzierungen über zweistellige Millionenbeträge zu erhalten. Für einen Markteintritt in Russland benötige man aber mehr. Und dieses Geld würde man sich lieber über die Börse holen, um die Eigenkapitalbasis nicht zu schwächen. Angesichts der niedrigen Aktienkurse müssten die Unternehmen aber neue Aktien viel zu billig hergeben.

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