Nach Zugeständnissen des Militärratsist ist der Wahlboykott vom Tisch. Die politischen Parteien fordern die sofortige Außerkraftsetzung der Notstandsgesetze.
In Ägypten haben die politischen Parteien nach Zugeständnissen des regierenden Militärrats ihre Drohung zurückgezogen, die ersten Parlamentswahlen nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak zu boykottieren. In einer Erklärung vom Sonntag forderten 34 Parteien das Militär jedoch erneut dazu auf, die Notstandsgesetze sofort außer Kraft zu setzen sowie früheren Mitgliedern des Mubarak-Regimes die Teilnahme am politischen Leben zu verbieten. Die Parlamentswahlen in Ägypten sollen am 28. November beginnen.
Der Militärrat hatte am Samstag angekündigt, ein Ende der Militärprozesse gegen Zivilisten zu prüfen. Außerdem präsentierte der Rat einen klareren Zeitplan für den Übergang zu einer Zivilregierung. Die von Menschenrechtsaktivisten kritisierten Notstandsgesetze will der Rat ebenfalls überdenken. Sie geben der Polizei weitreichende Befugnisse bei Festnahmen und Inhaftierungen.
Kein Schießbefehl bei Protesten
Mubarak hat nach Aussage des obersten Armee-Generals keine Schüsse auf Demonstranten angeordnet. "Wir wurden nicht beauftragt, auf das Volk zu schießen und werden das auch nie machen", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Mena Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, der Vorsitzender des regierenden Militärrates ist.
Mubarak, unter dem Tantawi Verteidigungsminister war, wird derzeit der Prozess gemacht. Er soll den Einsatz von scharfer Munition gegen Demonstranten autorisiert haben. Während gewaltsamer Proteste gegen die Herrschaft Mubaraks kamen rund 850 Menschen ums Leben. Zudem werden Mubarak Amtsmissbrauch und Korruption vorgeworfen. Ihm droht die Todesstrafe.
Tantawi sagte im September hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Medien im Prozess gegen Mubarak aus. Die von Mena veröffentlichten Zitate sind ein ersten Hinweis auf den Inhalt seiner Aussage. Mubaraks Verteidigern zufolge ist diese entscheidend für das Schicksal des ehemaligen Präsidenten.
(Ag.)