Einkommen: Warum Frauen weniger verdienen

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Ein großer Teil der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen lässt sich ziemlich gut erklären. Nur kleiner Teil – wenn überhaupt – ist auf klassische Diskriminierung durch Arbeitgeber zurückzuführen.

Wien. Der „Equal Pay Day“ wird in Österreich am heutigen Dienstag begangen. Weil Frauen im Durchschnitt um 25,5 Prozent weniger verdienen als Männer, arbeiten sie „ab sofort für den Rest des Jahres umsonst“, sagt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und meint: „Wir müssen für mehr Lohngerechtigkeit sorgen.“

Tatsächlich zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass sich ein großer Teil der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen ziemlich gut erklären lässt und nur ein kleiner Teil – wenn überhaupt – auf klassische Diskriminierung durch die Arbeitgeber zurückzuführen ist.

Vorweg: Zwei wichtige Unterschiede für die bessere Bezahlung von Männern sind in den angegebenen 25,5 Prozent bereits berücksichtigt. 81 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Die kürzere Arbeitszeit schlägt sich in der Entlohnung nieder. Auch die Tatsache, dass Männer mehr Überstunden leisten, sei „zum größten Teil“ berücksichtigt, versichert die Statistik Austria. Würde man diese beiden Faktoren außer Acht lassen, stiege der Unterschied auf 40Prozent (29.000 Euro zu 17.500 Euro Bruttoeinkommen pro Jahr).

Die „falsche“ Berufswahl

Die Einkommensschere von 25,5 Prozent reduziert sich allerdings weiter durch Faktoren wie der Berufswahl, der Ausbildung und dem Alter (Männer arbeiten länger). Rechnet man diese Punkte mit ein, verringert sich die Differenz auf weniger als 20Prozent. „Frauen entscheiden sich häufiger für schlechter bezahlte Berufe“, ist im Frauenbericht 2010 des Frauenministeriums zu lesen. So ist ein Viertel der Absolventen eines Technik-, Mathematik- oder Informatikstudiums weiblich. Dafür stellen Frauen 70 Prozent der Absolventen von Kunst-, Sprach- oder Sozialstudien.

Trotzdem bleibt laut der „Verdienststrukturerhebung“ der Statistik Austria ein Rest von 18,1 Prozent, der „rechnerisch unerklärt“ ist. „Hier sind die Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen“, meint Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer.

Allerdings: Die Statistiker unterscheiden in ihren Verdienstberechnungen nicht, ob die Personen eine Führungsrolle innehaben oder nicht. Um wie viele Prozentpunkte eine Berücksichtigung dieses Faktums die Schere weiter reduzierte, ist unklar. „Das kann man nur schwer sagen“, heißt es aus der Statistik Austria. Der deutsche Arbeitsmarktforscher Joachim Möller geht hingegen von „bis zu fünf Prozentpunkten“ aus.

Ungleiche Karenzzeiten

Die gesellschaftspolitische Tatsache, dass Männer länger bei denselben Firmen arbeiten (weil Frauen nach der Karenz oftmals Jobs wechseln), wird in den Statistiken zwar berücksichtigt. So hat die Statistik Austria einen Unterpunkt „Dauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen“ in ihre Berechnungen aufgenommen. Darin finden sich allerdings auch die Karenzzeiten der Frau, sofern sie nach der Babypause wieder in denselben Job zurückkehrt. Ihr Gehalt ist in diesem Zeitraum weniger stark gestiegen als jenes der Männer.

Daraus ergibt sich ein Gehaltsunterschied, der durch die ungleichen Karenzzeiten zu erklären ist, mit klassischer Diskriminierung durch den Arbeitgeber aber wenig zu tun hat. Lösen ließe sich diese Ungerechtigkeit nur gesellschaftspolitisch, nämlich dann, wenn Männer genauso lang in Karenz gingen wie Frauen.

Welcher Prozentsatz als Einkommensschere nach Berücksichtigung dieser Faktoren übrig bleibt, ist schwer zu sagen. Doch dürfte er jedenfalls bei „unter zwölf Prozent“ liegen, wie Arbeitsmarktforscher Möller meint. Dass Unternehmen wohl nicht bewusst nach Geschlechtern diskriminieren, sondern das Problem eher ein gesellschaftspolitisches ist, zeigt auch folgende Tatsache: Bei Berufseinsteigern bis 19 Jahre stellt der Frauenbericht nahezu keinen Unterschied in der Bezahlung fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2011)

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