Wir wollen es, also sei es so

Die Grünen haben Visionen – nur mit der Argumentation hapert es gewaltig.

Die Idee der Wiener Grünen, die Jahreskarte für die Wiener Linien zu verbilligen, klingt ja an sich gut. Und hat auch eine gewisse Logik: Wird eine Ware billiger, können mehr Menschen sie sich leisten. Also fahren bei günstigeren Tickets mehr Menschen mit Straßenbahn, U-Bahn & Co. So weit, so logisch.

Allein, die Realität lässt sich mit Hilfe derartiger Milchmädchenrechnungen nicht immer adäquat abbilden. Schließlich gibt es auch andere Variablen als den Preis, die das Verkehrsverhalten von Menschen beeinflussen. Das beginnt schon damit, dass so manche Ecke der Stadt öffentlich nicht so angebunden ist, dass man jederzeit schnell und bequem in die U-Bahn hüpfen kann. Die Vorstellung, dass etwa jemand im hintersten Kaiserebersdorf das Auto künftig stehen lässt, nur weil die Jahreskarte um knapp 100Euro billiger ist, ist naiv.

Kommen derartige Einwände von Verkehrsexperten, verfallen die Grünen in eine argumentative Schockstarre. Stimmt schon, ein Experte, der die Verbilligung kritisiert, arbeitet auch für die Wiener Linien. Aber wenn dies das einzige Argument ist, überzeugt es nicht wirklich. Warum wird nicht eine Studie hervorgeholt, die die eigene Argumentation untermauert? Wozu denn. Wir wollen es so, darum passiert es so. Sieht die politische Vision der Wiener Grünen tatsächlich so aus?

erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2011)

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