ÖVP: "Mit Verteilungsexzessen gewinnen wir keine Wahl"

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Der steirische ÖVP-Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann hält die Forderung Erwin Prölls nach einer Reichensteuer für einen schweren Fehler. Die ÖVP sollte bei ihrer Linie bleiben, so Buchmann.

Die Presse: In der ÖVP tobt gerade ein Richtungsstreit über die Notwendigkeit einer temporären „Reichensteuer“. Wo stehen Sie in dieser Frage?

Christian Buchmann: Dem Vorschlag kann ich nichts abgewinnen, er kommt auch zum völlig falschen Zeitpunkt. Das Problem des Staates sind ja nicht zu niedrige Steuereinnahmen, sondern überbordende Schulden. Es liegen tonnenweise Vorschläge auf dem Tisch, wie das Land zu reformieren wäre, wie die Ausgaben zu senken sind und der Schuldenberg abzutragen ist. Leider fehlt der Regierung die Kraft, diese Vorschläge umzusetzen.

Offensichtlich auch Ihrer Partei. Sonst würde sie ja nicht über neue Steuern diskutieren, sondern über Reformen.

Die ÖVP sollte bei ihrer Linie bleiben und neue Steuern kategorisch ablehnen sowie die Umsetzung jener Reformen vorantreiben, die seit Jahren diskutiert werden: Anhebung des Pensionsantrittsalters, Auslaufen der Hacklerregelung, von einer schlanken Verwaltung nicht zu reden. Sollte es dann noch immer an Geld fehlen – was ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann –, ist auch eine Debatte über neue Steuern denkbar. Aber nicht vorher. Das vertreibt nur die Leute, die wir im Land haben wollen. Dabei sollten wir alles tun, damit Wohlhabende nach Österreich kommen.

Landeshauptmann Erwin Pröll warnt aber davor, dass sich die ÖVP zum Anwalt der Superreichen macht. Sind Sie ein Anwalt der Superreichen?

Nein, ich fühle mich als Anwalt der Arbeitsplätze, der Wertschöpfung und des Wirtschaftsstandortes Österreich. Und wie gesagt: Nicht zu niedrige Staatseinnahmen sind das Problem, sondern zu hohe Ausgaben und Schulden. Und dafür zahlt der Mittelstand. Eine Reichensteuer wird daran nichts ändern, weil es in diesem Land viel zu wenige Wohlhabende gibt.

Halten Sie diese Position in der ÖVP für mehrheitsfähig?

In Sachen Reichensteuer haben wir ja noch zu keiner Linie gefunden, wir diskutieren derzeit eine Ansammlung von Wortspenden. Wie auch meine. Klar ist aber: Mit populistischen Verteilungsexzessen à la Werner Faymann werden wir keine Wahlen gewinnen. Sondern mit der nachhaltigen Sanierung des Landes. Genau dafür sollte die ÖVP stehen.

Die ÖVP war bei all den Verteilungsexzessen doch mit dabei.

Das war sie. Aber es gibt auch die Möglichkeit, zur Einsicht zu kommen und der Bevölkerung in aller Offenheit zu erklären, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben und jetzt gegensteuern müssen. Heute erhalten zwei Aktive einen Pensionisten, in 30 Jahren wird das Verhältnis fast bei eins zu eins liegen. Das geht sich nicht aus.

Nun kann aber auch niemand den Bundesländern vorwerfen, das Land mit Reformen überzogen zu haben, die in ihrem Einflussbereich liegen.

Wir in der Steiermark haben zumindest damit begonnen, richtige Schritte zu setzen. Der Landtag wird verkleinert (von 56 auf 48 Abgeordnete, Anm.), ebenso die Verwaltung. Zudem diskutieren wir eine große Gebietsreform (Zusammenlegung von Gemeinden, Anm.). Wir behaupten nicht, alle Probleme gelöst zu haben. Aber wir haben bereits schmerzhafte Einschnitte in das Sozialsystem beschlossen, weil kein Weg daran vorbeiführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2011)

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