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Apples Gefahr, plötzlich gewöhnlich zu werden

(c) REUTERS (KIMBERLY WHITE)
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Vorerst ändert Steve Jobs' Tod für Apple nichts. Doch Tim Cook steht vor einer wichtigen Entscheidung. Wird Apple ein ähnliches Schicksal erleiden wie Microsoft ohne Bill Gates.

Wien. „Apple wird sich nicht verändern“, versprach Tim Cook seinen 50.000 Mitarbeitern schon Ende August, als er den Platz von Steve Jobs an der Konzernspitze übernahm. Nach dem plötzlichen Tod des Apple-Gründers muss sein Nachfolger beweisen, dass er sein Versprechen auch halten kann. Bisher hat Apple die gesundheitsbedingten Auszeiten von Jobs zwar immer gut überstanden. Doch diesmal ist es anders, dieser Abschied ist für immer.

Einen ersten Blick in Apples Zukunft ohne Steve Jobs lieferte Cook am Dienstag bei der Präsentation des iPhone 4S. Der Zeremonienmeister Jobs fehlte, die erwartete Revolution blieb aus, Kunden und Aktionäre waren enttäuscht. So wachsen die Sorgen, wohin die Firma ohne den Mann steuern wird, der Apple vom Rande des Bankrotts zum zweitwertvollsten Konzern der Welt gebracht und dabei die Computer-, Musik-, Handy- und Medienindustrie komplett auf den Kopf gestellt hat. Wird Apple ein ähnliches Schicksal erleiden wie Microsoft ohne Bill Gates, oder doch eines wie Ford oder Disney, die trotz des Abschieds des Gründers weiter erfolgreich waren?

 

Gute Ausgangsposition für Cook

Apples Aktien zogen am Donnerstag auf jeden Fall leicht an. Und das hat einen Grund: Cook führt ein funktionierendes Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 65,2 Mrd. US-Dollar, über 70 Mrd. Dollar Barreserven und einer dominanten Stellung auf dem Smartphone- und Tabletmarkt. Und: Er führt es nicht erst seit gestern. Cook war die längste Zeit für das Tagesgeschäft zuständig. Für die kommenden zwei, drei Jahre gibt es also wenig Grund zur Sorge. Es wird genügen, die geplanten Produktinnovationen Stück für Stück auf den Markt zu werfen.

 

Technologie allein ist nicht genug

Aber was, wenn diese Liste abgearbeitet ist? „Technologie allein ist nicht genug“, sagte Jobs, als er im Jänner 2010 das iPad vorstellte. Der Apple-Vordenker wollte Produkte schaffen, die an der Grenze zwischen Technologie und Kunst angesiedelt sind. Nicht einmal hat Jobs seinen Ingenieuren fertige Produkte wieder zurückgeworfen. Mit dem, was er letztlich auf den Markt brachte, landete Jobs nicht immer, aber oft einen Volltreffer.

Apples Probleme werden zunächst nicht sichtbar sein, dennoch muss Cook heute schon die Weichen für die Zukunft stellen. Soll Apple der technologische Vorreiter bleiben, muss er einen Weg finden, das Genie und die Kreativität eines Steve Jobs zu ersetzen. Oder aber Cook geht den Weg, den er am Dienstag angedeutet hat, senkt die Preise und öffnet sich für den Massenmarkt. Spätestens dann aber läuft Apple Gefahr, das zu sein, was es nie sein sollte: ein gewöhnliches Unternehmen.


siehe auch HighTech Seite 26

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2011)