Biotreibstoff: SPÖ blockiert VP-Plan

Biotreibstoff SPoe blockiert VPPlan
Biotreibstoff SPoe blockiert VPPlan(c) Dapd (Sascha Schuermann)
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Umweltminister Nikolaus Berlakovich will ab Oktober kommenden Jahres den Verkauf von Bioethanol vorschreiben. Die SPÖ legt sich quer: Getreide gehöre auf den Teller, nicht in den Tank.

Wien. Die Reichensteuer, die Hacklerregelung, der Wehrdienst – an Konfliktpunkten fehlt es in der Koalition nicht. Jetzt kommt noch ein weiterer dazu: SPÖ und ÖVP liefern sich eine heftige Auseinandersetzung über die Einführung des Biotreibstoffs E10.

Umweltminister Nikolaus Berlakovich plant, ab Oktober kommenden Jahres Tankstellen den Verkauf von E10 vorzuschreiben. Einen solchen Schritt kann der ÖVP-Politiker aber laut Übereinkunft in der Regierung nur mit Zustimmung von Gesundheits- und Verkehrsministerium setzen. Doch die beiden SPÖ-geführten Ministerien lehnen die Einführung des Treibstoffes dezidiert ab.

„Beitrag zum Umweltschutz“

„Der Biotreibstoff ist ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz“, erklärte man im Lebensministerium. Es gebe nicht nur eine entsprechende Empfehlung der EU zur Einführung von E10, Österreich habe sich auch auf die Fahnen geheftet, „etwas für den Klimaschutz zu tun“. Das könne man am einfachsten und besten mit der Ethanolbeimischung.

E10 bedeutet, dass der Kraftstoff zehn Prozent Bioethanol enthält. Der Benzinersatz wird aus Zuckerrohr, Mais und Weizen hergestellt und bereits in verschiedenen Länder verwendet. Ethanol soll einerseits dafür sorgen, dass weniger fossiler Kraftstoff verbraucht wird. Andererseits trägt E10 dazu bei, den CO2-Ausstoß der Autos zu reduzieren.

Der Einsatz von Ethanol wird weltweit diskutiert und ist heftig umstritten. Gegner meinen, dass die Verwendung von Getreide als Treibstoff wesentlich zu den steigenden Lebensmittelpreisen beiträgt.

Genau das glaubt man auch im Verkehrsministerium: „Laut Weltbank ist der Biotreibstoff für 70 bis 80Prozent der gestiegenen Lebensmittelkosten verantwortlich“, betont eine Sprecherin von Ministerin Doris Bures. Im Büro von Gesundheitsminister Alois Stöger fasst man die Ablehnung bereits in einem griffigen Slogan zusammen: „Getreide gehört auf den Teller und nicht in den Tank.“ Die „Ernährungsproblematik“ in Zusammenhang mit der Verwendung von Biotreibstoff sei nicht geklärt und daher „können wir aus heutiger Sicht einer Umsetzung mit Oktober 2012 nicht zustimmen“.

Im Bures-Ressort verweist man zudem auf die wesentlichste Frage bei der Einführung des Biotreibstoffs: „Nimmt der Kunde E10 an? Nach den Erfahrungen in Deutschland kann man davon ausgehen, dass es auch bei österreichischen Autofahrern große Verunsicherung gibt.“

In Deutschland ist die Einführung von E10 von Chaos begleitet gewesen. Berichte, wonach viele neue Motoren so viel bio im Tank nicht vertragen, sorgten für Ablehnung und Verwirrung

Teure Steuerzuckerln

„Aus den Erfahrungen in Deutschland muss man entsprechende Schlüsse ziehen, und die lauten: Es ist zu früh, um E10 in Österreich einzuführen”, heißt es im Verkehrsministerium.

Im Umweltressort betonte man, es gelte, aus den Fehlern in Deutschland zu lernen. Das bedeute unter anderem eine breite Informations- und Aufklärungskampagne. „Wir halten jedenfalls an unserem Plan fest, E10 im kommenden Jahr einzuführen.“

Doch auch im Finanzministerium sieht man die Einführung kritisch – aus rein finanziellen Gründen: Die Kosten für die Steuerzuckerln für den teureren Getreidetreibstoff belaufen sich angeblich auf 160Millionen Euro.

Der heimische Zuckerkonzern Agrana verwandelt bereits jetzt jährlich 500.000Tonnen Getreide in 210.000Kubikmeter Bioethanol. Sollte es zur Einführung von E10 in Österreich kommen, könne man den zusätzlichen Bedarf „ohne zusätzliche Getreideanbauflächen bewältigen“, hieß es seitens des Unternehmens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2011)

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