Entwickler sagt: "Bundestrojaner" auch in Österreich

Justizministerin verspricht Aufklaerung im Bundestrojaner-Fall
Justizministerin verspricht Aufklaerung im Bundestrojaner-Fall(c) dapd (Winfried Rothermel)
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Der Hersteller der Spionagesoftware will seine Produkte auch hierzulande an Behörden verkauft haben. Diese streiten aber ab, sie einzusetzen. Es gebe "keine rechtliche Grundlage", heißt es.

[Wien/Köln] Die Firma DigiTask ist der Urheber jener Spionagesoftware, die deutsche Behörden als sogenannten „Staatstrojaner“ oder auch „Bundestrojaner“ zur Überwachung der Computer von Verdächtigen einsetzen. Nun bestätigte die Firma der „Presse“ eine Meldung der „Deutschen Welle“, dass die Produkte des Hauses nicht für die Regierung des eigenen, sondern auch für jene von Nachbarländern zum Einsatz kommen.

„Ja, wir beliefern Behörden im  Einflussbereich Wiens“, sagt DigiTask-Sprecher Winfried Seibert zur „Presse“. Der prominente Kölner Anwalt, der schon Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer in der Schmiergeldaffäre vertrat, berät nun die ins Schussfeld geratene Softwareschmiede aus der hessischen Kleinstadt Haiger. Er, Seibert, könne jedoch nicht sagen, ob die nach Österreich verkauften Überwachungssysteme mit jenen aus Deutschland ident seien, oder nicht. Auch an wen man in Österreich verkaufte, wollte er nicht sagen: Betriebsgeheimnis.

Interessant ist das u. a. deshalb, weil Mitglieder der deutschen Hackergruppe Chaos Computer Club (CCC) zuletzt behaupteten, das Programm könne weit mehr, als es das Gesetz eigentlich erlaube. Zusätzlich zur Überwachung des Online-Telefondienstes Skype fertige das Programm nämlich Bildschirmkopien („Screenshots“) an und sei zudem in Lage, weitere Schadsoftware, etwa zur Spionage, ferngesteuert auf den infizierten Computer zu laden. Der „Presse“ sagte Seibert, dass das Unternehmen nur Funktionen in die Programme implementiere, die zum Zeitpunkt der Entwicklung rechtlich gedeckt sind. „Wir lassen uns das von den beauftragenden Behörden sogar schriftlich geben. Darauf müssen wir dann vertrauen.“ Unausgesprochener Nebensatz: Sagt der staatliche Auftraggeber dabei nicht die Wahrheit, sei das dessen Angelegenheit.

In Österreich gibt es nur sehr wenige Einheiten, die als Auftraggeber für solch eine Software in Frage kommen. Neben den Nachrichtendiensten des Heeres sind das die Sondereinheit Observation (SEO) des Innenministeriums, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie das Bundeskriminalamt (BK). Ebendort jedoch schließt man den Einsatz von Produkten der Firma DigiTask aus. „Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage.“

Mehr als nur Abhören

Wie in Deutschland argumentieren Datenschützer und Grundrechtsexperten auch hierzulande, dass Online-Überwachung mit Hilfe von heimlich eingebrachten Computerprogrammen weit über die richterlich genehmigbare Telekom-Überwachung hinausgehe. Hans Zeger von der Arge Daten: „Das ferngesteuerte durchstöbern eines Computers erlaubt dem Staat Einblicke in die intimsten Gedanken und Bereiche seiner Bürger.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2011)

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