Die verfeindeten Großmächte am Persischen Golf

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Symbolbild(c) EPA (Ali Haider)
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Saudiarabien, Hüter der Heiligtümer in Mekka und Medina, und Iran, Schiiten-Schutzmacht, haben eine Geschichte der Animositäten. Saudiarabien sah den Iran als immer größere Bedrohung für die arabische Welt.

Die Islamische Revolution änderte alles: Waren die Beziehungen zwischen dem Regime von Shah Mohammad Reza Pahlevi und dem saudischen Königshaus der Sauds stets bestens – brach nach der Rückkehr von Ayatollah RuhollahMusavi Khomeini aus dem Pariser Exil rasch eine Eiszeit an. Das Mullah-Regime strich die schiitische religiöse Identität des Landes immer stärker hervor, was schließlich rasch zu einer Frontstellung mit den Kustoden der beiden allerheiligsten Stätten des Islam und selbst ernannten Schutzherren der Sunniten führte.

Der Iran-Irak-Krieg, den Khomeini am 4.September 1980 gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein vom Zaun gebrochen hatte, brachte die Saudis dazu, Hussein massiv zu unterstützen. Saudiarabien sah den Iran als immer größere Bedrohung für die arabische Welt. Beim Iran-Irak-Krieg ging es nicht zuletzt um die reichen Ölvorkommen im irakisch-iranischen Grenzgebiet. Saudiarabien versprach, den Irak mit 25 Milliarden Dollar im Kampf gegen die iranischen Truppen zu unterstützen.

Saudiarabien war auch der Hauptarchitekt einer Allianz verschiedener Golfstaaten (Bahrain, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate) gegen den Iran. Die USA unterstützten die saudischen Bemühungen, denn Khomeinis Kurs war auch dezidiert antiamerikanisch: Die Besetzung der US-Botschaft in Teheran von November 1979 bis 20. Jänner 1981 samt Geiselnahme von 52 US-Diplomaten durch iranische Studenten hat die iranisch-amerikanischen Beziehungen nachhaltig vergiftet.

Am Freitag, den 31. Juli 1987, kam es während des Hadsch, der islamischen Pilgerfahrt nach Mekka, vor der großen Moschee zu Demonstrationen iranischer Pilger, die bald eskalierten. 400 Pilger starben bei den Zusammenstößen, rund zwei Drittel der Opfer waren iranische Staatsbürger. Am nächsten Tag stürmte der Mob in Teheran die saudiarabische Botschaft, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, mehrere saudische Diplomaten wurden verprügelt, einer davon so schwer, dass er starb. Daraufhin schloss Saudiarabien seine diplomatischen Vertretungen – kein iranischer Bürger konnte mehr ein Visum für den Hadsch erhalten.

In Saudiarabien und den Nachbarländern ist in den vergangenen Monaten kaum etwas passiert, ohne dass die saudische Führung den Iran dafür verantwortlich gemacht hätte. Experten sprachen gar von einem „Stellvertreterkrieg“ zwischen beiden Ländern. Zum Jahreswechsel 2009/2010bombardierte die saudische Luftwaffe Houthi-Rebellen im Norden Jemens an der Grenze zu Saudiarabien – die Houthi sind freilich Schiiten. Vor dem geplanten „Tag der Wut“ im März im Königreich beschuldigte der saudische Außenminister den Iran, den Protest angezettelt zu haben. Und der Einmarsch von rund 1000 saudischen Soldaten im Inselstaat Bahrain ein paar Tage später war vor allem von der Furcht getragen, dass es schiitischen Demonstranten gelingen könnte, die Sunni-Dynastie der Al-Khalifas zu stürzen und damit Bahrain unter iranischen Einfluss zu bringen.

Und erst am vergangenen Wochenende hat Riad eine „ausländische Macht“ – das ist der saudische Jargon für den Iran – beschuldigt, eine Demonstration in Qatif, einer Hochburg der Schiiten im Osten Saudiarabiens, angestiftet zu haben. In der ölreichen Ostprovinz leben rund drei Millionen Schiiten. Seit März haben dort immer wieder kleinere Demonstrationen der schiitischen Minderheit stattgefunden, bei der am vergangenen Wochenende war es jedoch erstmals zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften gekommen.

Das reflexartige saudische Fingerzeigen auf den Iran war in den vergangenen Jahren wenig glaubhaft. Und vor allem wegen des saudischen Einmarsches in Bahrain waren die Beziehungen zum traditionell wichtigsten Verbündeten Amerika merklich abgekühlt. Das dürfte sich nun mit einem Schlag geändert haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2011)

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