Missbrauch ist programmiert

Moderne Überwachung hilft Ermittlern. Sie kann aber auch Entscheidungsträger verführen.

Datenschutz ist Täterschutz. Mit dieser Formel ersticken Hardliner grundrechtliche Bedenken gegen Wünsche von Politikern, immer tiefer in die Privatsphäre der Bürger eindringen zu dürfen. Denn man weiß ja: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten.

Vor diesem Hintergrund steht die Frage, ob sich Österreich den deutschen Staatstrojaner besorgt hat oder nicht. Das Innenministerium dementiert. Es ist ein enger Mitarbeiter der politischen Führung desselben Ressorts, der nun im Verdacht steht, geheime Informationen aus den Telekom-Ermittlungen für eigene Zwecke missbraucht zu haben. Das macht moderne Überwachung so gefährlich.

Solange Bürger darauf vertrauen können, dass Informationen, die der Staat durch Grundrechtseingriffe erlangt, vertraulich bleiben, ist Überwachung zur Strafverfolgung argumentierbar. Missbrauchen – wenn es stimmt – Ministermitarbeiter die Befugnisse von Beamten, und setzen die Informationen für eigene Zwecke ein, schrillen die Alarmglocken. Die Telekom-Affäre und der Skandal um den geschassten Bundeskriminalamtschef Herwig Haidinger, der eben solche Praktikten angeprangert hat, zeigen, dass Missbrauch nicht nur möglich, sondern buchstäblich programmiert ist.

andreas.wetz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2011)

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