Die Gewerkschaft hat die Streiks ausgeweitet, heute stehen 200 Betriebe still. "Wir sind nicht die Rotzbuben der Arbeitgeber", sagt Gewerkschafter Schaller.
In der Metallindustrie stehen am heutigen Freitag 200 Betriebe still, rund 100.000 Metaller sind wegen des Arbeitgeberangebotes während der laufenden Kollektivvertragsverhandlungen im Ausstand. Teilweise dauern die Warnstreiks heute den ganzen Tag, zum Teil eine Schicht lang.
So wird etwa das Opel-Werk in Wien-Aspern ganztätig die Arbeit niedergelegt. Bestreikt werden unter anderem MAN, BMW, Magna, Otis, Kone, Schindler, Bosch Thyssen Krupp und Pewag. Von den Ausständen sind alle Bundesländer betroffen, hieß es am Freitag von der Metaller-Gewerkschaft Pro-Ge.
Auch die Arbeitnehmervertreter der Voestalpine haben am Freitag die Kampfmaßnahmen ausgeweitet: Ab sechs Uhr früh wurde die Linzer Werkseinfahrt blockiert und für den Vormittag eine Betriebsversammlung angekündigt. Es werde nicht ordentlich verhandelt, kritisierte Konzernbetriebsratsvorsitzender Hans-Karl Schaller: "Wir sind nicht die Rotzbuben von (Arbeitgeber-Chefverhandler Christoph, Anm.) Hinteregger."
"Bombige" Stimmung
Die Zufahrt zum Stahlwerk wurde immer wieder minutenweise gesperrt, die Beschäftigten mussten längere Staus hinnehmen, zeigten aber Verständnis dafür. "5,5" stand auf einer Baggerschaufel, die Metaller fordern 5,5 Prozent mehr Lohn. "Wir kämpfen für unseren Kollektivvertrag!", war auf einem Transparent zu lesen, das die Protestierenden an einem Zugwaggon angebracht hatten. Arbeiterbetriebsrat Albert Maringer kündigte an, dass man die Hochöfen herunterfahren und die Produktion drosseln werde - voraussichtlich bis zum frühen Nachmittag.
"Die Stimmung ist bombig", so Schaller, der Zuspruch der Belegschaft sei groß. "Die Helden der Fabrik machen einen tollen Job und wollen sich nicht mit drei Prozent abspeisen lassen." Sollte es keine Einigung geben, gehe alles nieder, sagte der Betriebsratsvorsitzende. "Die Maßnahmen werden dann verschärft." Voestalpine-Sprecher Gerhard Kürner kommentierte die Maßnahmen nicht: "Wir sind Verhandlungspartner." Man sei wie andere Industriebetriebe davon betroffen, erklärte er knapp. "Nicht nur hier, sondern in ganz Österreich."
Pro-Ge: "Peinliche Einschüchterungsversuche"
Die Metallergewerkschaft Pro-Ge sprach am Freitagnachmittag in einer Aussendung von "peinlichen Einschüchterungsversuchen der Arbeitgeber". "Es wird vorgegaukelt, über die Rechtslage bei einem Streik zu informieren. Tatsächlich werden die Beschäftigten aber mit der Abmeldung von der Gebietskrankenkasse, mit Verlust des Anspruches der Arbeitslosenunterstützung und dem Verlust des Arbeitsplatzes bedroht", beschwerte sich die Pro-Ge. Sie forderte die Arbeitgeberseite auf, diese "niveaulosen Einschüchterungsversuche" einzustellen. Und sie stellte klar: "Streiks stellen niemals einen Kündigungs- oder Entlassungsgrund dar."
Richtig sei jedoch, dass aufgrund der Teilnahme am Streik kein Entgeltanspruch besteht - deshalb gibt es für Gewerkschaftsmitglieder auch die Streikunterstützung, wurde betont. Mitbestandteil des Streiks sei jedenfalls, dass alle Streikstunden von den Unternehmen auch bezahlt werden.
Raidl erwartet besseres Angebot
Claus Raidl, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Böhler-Uddeholm und Berater von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, erwartet ein nachgebessertes Angebot der Metallindustrie in den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen. Die Streiks findet er zu diesem frühen Zeitpunkt überzogen, dramatisch sind diese aber nicht, sagte er gegenüber dem ORF.
Die von den Gewerkschaften geforderten 5,5 Prozent werde es jedenfalls nicht spielen, meinte Raidl. Dabei wären diese nach Meinung des Gewerkschaftlichen Linksblock im ÖGB (GLB) mehr als überfällig, denn die Realeinkommen würden seit den 90er Jahren stagnieren.
Richtungsweisende Verhandlungen
In der Metallindustrie gibt es 165.000 Beschäftigte plus knapp 20.000 Leiharbeiter. Wird gestreikt, dürfen auch die Leiharbeiter nicht weiterarbeiten, so die Pro-GE. Für Lehrlinge gilt das Streikrecht ebenfalls, allerdings nur für die Tage im Betrieb, die Schulzeit muss eingehalten werden. "Niemand haftet für die Folgen eines Streiks. Dass ein Streik Schaden anrichtet, liegt in seinem Wesen - gerade dadurch soll ja Druck ausgeübt werden. Es liegt am bestreikten Arbeitgeber bzw. Arbeitgeber-Verband einzulenken und dadurch Schäden zu vermeiden", stellt die Pro-Ge klar.
Die Lohnabschlüsse in der Metallindustrie gelten als richtungsweisend für die gesamte Herbstlohnrunde, wobei der Metaller-Kollektivvertrag an der obersten Bandbreite der Abschlüsse liegt. So beträgt das Mindesteinkommen eines Metallers derzeit 1515 Euro brutto.
(APA)