Ein Arbeitskampf könnte spannend werden – so er überhaupt stattfindet.
Noch ist schwer zu sagen, ob die für nächste Woche angedrohten Massenstreiks ernst gemeint sind. Oder ob sie nicht doch wieder nur das Zeremoniell eines geschauspielerten Arbeitskampfes bilden, bei dem beide Streitparteien so tun, als würden vor den Fabrikstoren bald die Fäuste fliegen, weil es ja um alles oder nichts gehe. Spätestens am kommenden Montag werden wir es wissen.
Interessant wäre ein kleiner Arbeitskampf allemal. Das schon deshalb, weil damit in Österreich erstmals Arbeitgeber gegen Arbeitgeber streikten. Die Voest-Beschäftigten sind ja nicht nur zornige Werktätige, die sich vom Kapital nicht länger wie „Rotzbuben“ (© Voest-Oberbetriebsrat Karl-Heinz Schaller) behandeln lassen wollen. Sie selbst sind das Kapital, so hält die Voest-Belegschaft ja über 13 Prozent aller Aktien ihres Unternehmens.
Ein Arbeitskampf würde auch zeigen, ob die nicht streikenden Verbraucher dieses Landes die Forderung nach 5,5 Prozent mehr Lohn tatsächlich unterstützen – oder sie angesichts ziemlich grimmiger Aussichten für überzogen halten.
Jedenfalls überzeugend ist das Argument der Metaller, dass von den zuletzt signifikant erhöhten Bruttolöhnen kaum etwas in ihren Taschen gelandet ist. Daran wird sich nichts ändern: Von jedem Euro, den die Arbeitgeber mehr bezahlen, verschwinden gleich einmal 60 Cent in den Staatskassen. Die restlichen 40Cent werden von einer atemberaubenden Teuerungswelle zermalmt, die von höheren Steuern und einer generösen Geldpolitik genährt wurde.
Deshalb wäre es wohl zielführender, das Kanzleramt, das Finanzministerium und die EZB-Zentrale in Frankfurt zu bestreiken. Diese drei Institutionen entscheiden darüber, ob den Arbeitern mehr netto von ihrem Brutto übrig bleibt. Und nicht die Arbeitgeber.
franz.schellhorn@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2011)