Khamenei: „Dumme US-Methoden“

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US-Präsident Obama droht dem Iran die "härtesten Sanktionen" an. Oberste Revolutionsführer Khamenei weist Vorwürfe, der Iran sei Drahtzieher eines Mordkomplotts gegen saudischen Botschafter in den USA, zurück.

Istanbul. Der oberste Führer des Iran, Ali Khamenei, wischt die Vorwürfe, der Iran sei Drahtzieher eines Mordkomplotts gegen Adel al-Jubeir, den saudischen Botschafter in den USA, vom Tisch. „Die Wiederholung von dummen und nutzlosen Methoden der USA, eine Islam- und Iran-Phobie in der Welt zu schüren, wird nichts bringen. Sie ist zum Scheitern verurteilt“, sagte der geistliche Führer am Freitag. Am Donnerstag hatte freilich Präsident Barack Obama selbst dem Iran die „härtesten Sanktionen“ angedroht und die Vorwürfe wiederholt. Die Reaktion der Vereinigten Staaten werde darauf abzielen, die Islamische Republik weiter zu isolieren, dafür lägen alle Optionen auf dem Tisch, sagte Obama.

Obama wies die wachsenden Zweifel an der US-Darstellung zurück: Die USA würden solche Vorwürfe nicht erheben, wenn sie nicht die notwendigen Beweise hätten.

Schussliger Hauptverdächtiger

Freunde und Nachbarn des 56-jährigen hauptverdächtigen Autohändlers Mansor Arbabsiar, der den Anschlagsplan gegen den Botschafter Saudiarabiens in Washington gestanden hat, beschreiben ihn nicht gerade als coolen James Bond. Notorisch verlegte der aus dem Iran stammende US-Bürger Schlüssel und Telefon, selbst seine Socken sollen nicht zueinander gepasst haben. Schließlich wussten seine Bekannten von größeren Geldbeträgen, die er mit sich führte und deren Herkunft er nicht erklären konnte. Bei der Anwerbung mexikanischer Killer war er offenbar nicht vorsichtig genug und statt sich wie ein Profi nach der Festnahme auf die Zunge zu beißen, legte er rasch ein Geständnis ab.

Doch unprofessionell sieht nicht nur der Hauptakteur des Anschlags aus. Der ganze Plan erscheint etwas stümperhaft. Nicht nur, dass man sich mit Arbabsiar offenbar auf einen Möchtegern-Agenten verlassen hat, mit dem Versuch mexikanische Killer anzuwerben, hätten sich die Auftraggeber auf Leute verlassen, die sie überhaupt nicht kannten, was ja auch prompt schiefging. Nicht dass die für die Lenkung des Anschlages verantwortlich gemachten al-Qods-Brigaden nicht auch outsourcen würden, doch dafür gebrauchen sie üblicherweise verlässlichere Subunternehmer wie die libanesische Hisbollah.

Das „große Ding“ in Washington

Zweifellos fällt der Attentatsplan aus dem Rahmen dessen, was man von den Qods-Brigaden gewohnt ist. Daraus ergibt sich die Spekulation, ob nicht vielleicht jemand anderer im unübersichtlichen iranischen Machtgefüge für die Sache verantwortlich ist.

Tatsächlich ist die iranische Machtelite auch nach dem Rauswurf des Reformflügels nicht weniger gespalten als zuvor. Da gibt es einmal den Präsidenten Mahmud Ahmadinejad, der einen populistischen Diskurs gegen das Establishment vertritt. Auf der anderen Seite schart sich das konservative Establishment um den religiösen Führer Ali Khamenei, dem die Qods-Brigaden im Prinzip unterstehen.

Wie dem auch sei, für den Anschlagsplan gibt es jedenfalls harte Beweise. Immerhin wurden bereits nahezu 100.000 Dollar Vorkasse von einem Qods-Konto überwiesen. Es gibt mitgehörte Telefongespräche und einen geständigen Angeklagten. Der erste Punkt wirft freilich die Frage auf, warum das Geld nicht in einem Geldkoffer in bar übergeben wurde. Unprofessionelles Vorgehen ist aber wiederum kein Beweis, dass nicht tatsächlich Geheimdienstkräfte tätig waren.

Motiv: Strafaktion für Bahrain?

Das Problem der Hintermänner in Teheran könnte einfach gewesen sein, dass sie nicht über die geeignete Struktur verfügten, um einen solchen Anschlag auszuführen oder dass diese Strukturen einem anderen Flügel hörig waren. Irgendjemand in Teheran drängte aber trotzdem auf den Anschlag, um ein Fanal zu setzen.

Man hätte diesen Anschlag dann als Strafe für die enge Zusammenarbeit der Saudis mit den USA verkaufen können. Dies vor dem Hintergrund, dass die Armee Saudiarabiens Bahrain geholfen hat, die von Schiiten dominierte Opposition zu unterdrücken. Die Insel Bahrain ist zugleich der Stützpunkt der 5. US-Flotte im Persischen Golf. So zumindest könnte es gewesen sein.

Auf einen Blick

Schlagabtausch. Der iranische Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei hat Vorwürfe der USA, einen Anschlag auf den Saudi-Botschafter auf dem Boden der USA zu planen, zurückgewiesen: „Die Wiederholung von dummen und nutzlosen Methoden der USA, eine Islam- und Iran-Phobie in der Welt zu schüren, wird nichts bringen.“ Präsident Barack Obama hatte dem Iran die „härtesten Sanktionen“ angedroht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2011)

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