Die SPÖ gerät unter Druck: Wenn sich die Regierung bis Ende Februar nicht auf eine neue Regelung einigt, dürfen die Unis autonom Gebühren einheben. Das besagt ein neues Gutachten.
Wien. Ein neues Gutachten setzt die Sozialdemokraten in puncto Studiengebühren empfindlich unter Druck: Stimmen sie bis Ende Februar nicht einem neuen Gebührenmodell zu, dann dürfen die Unis ab März eigene Regelungen erlassen. Das besagt eine Analyse, die der Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer im Auftrag des Wissenschaftsministeriums verfasst hat – und deren Ergebnisse der ÖVP klar in die Hände spielen.
Die Vorgeschichte: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) befand die derzeitige Regelung, mit der SPÖ, FPÖ und Grüne im Jahr 2008 de facto die Gebühren aufhoben, im Juni für rechtswidrig. Bis Ende Februar hat die Regierung Zeit, sich auf eine neue Regelung zu einigen. Passiert das nicht, haben die Unis bei der Einhebung der Gebühren freie Hand, schreibt Mayer, einer der Väter des Universitätsgesetzes 2002, in seinem Gutachten. Die Universitäten könnten dann Gebühren in beliebiger Höhe einheben, sie dürfen bestimmen, wer zahlen muss und was mit Studierenden geschieht, die mehrere Fächer gleichzeitig belegen.
Denn: Der VfGH hat in seinem Entscheid nicht die Einhebung von Studiengebühren grundsätzlich infrage gestellt – sondern bloß unpräzise Regelungen, die festlegen, wer nun Studienbeiträge zahlt und wer nicht. Den Unis ist wegen ihrer Autonomie alles erlaubt, was per Gesetz nicht explizit verboten ist: in diesem Fall auch Studiengebühren. Bloß einige Einschränkungen, die der VfGH nicht bemängelt hat (u.a. Erlassgründe wie der Bezug der Studienbeihilfe) müssen beibehalten werden.
Das Ergebnis des Gutachtens ist überraschend. Bis dato wurde angenommen, dass bei einer fehlenden Neuregelung bis Ende Februar die Gebühren einfach auslaufen würden – sie SPÖ hätte damit einfach auf Zeit spielen können. Nun scheint klar zu sein: Gebühren kommen so oder so. Die Sozialdemokraten (in deren Reihen zuletzt wieder Stimmen pro Gebühren laut wurden) geraten nun unter Zugzwang. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) appellierte am Montag an den Koalitionspartner, seinem jüngst präsentierten Gebührenmodell zuzustimmen (Unis können bis zu 500 Euro pro Semester einheben, ein Teil des Geldes fließt in einen Sozialfonds). „Ich wüsste nicht, wo ich noch groß nachgeben könnte.“
Proteste vor Budgetrede
Inzwischen machen die Unis heute ihre Finanznot zum Thema: Einen Tag vor der Budgetrede von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) morgen, Mittwoch, gibt es in ganz Österreich Vollversammlungen und Proteste. In Wien haben die Studierenden für den Nachmittag (16.30?Uhr) zu einer Demonstration vor dem Uni-Ministerium aufgerufen. Der neue Rektorenchef Heinrich Schmidinger erwartet sich „ein deutliches Signal in Richtung Bildung“ und besonders in Richtung der Universitäten und pochte auf die Hochschulmilliarde, die Töchterle für die Jahre 2013 bis 2015 in Aussicht gestellt hat.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2011)