Feilschen um Löhne für 520.000 Handelsangestellte beginnt

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Neben einer „kräftigen realen Gehaltserhöhung“ fordert die GPA auch die Anrechnung der Karenzjahre als geleistete Berufszeit.

Am Mittwoch um 14.00 Uhr beginnt das Tauziehen um die Gehaltsabschlüsse 2012 für die rund 520.000 heimischen Handelsangestellten. Kein anderer Kollektivvertrag umfasst mehr Beschäftigte, die Mehrheit davon sind Frauen. Zentrale Forderung der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) neben einer "kräftigen realen Gehaltserhöhung" ist deshalb die Anrechnung der Karenzjahre als geleistete Berufszeit. Derzeit lassen sich für die Karenzzeit maximal zehn Monate anrechnen. Außerdem fordern die Arbeitnehmervertreter eine vorgezogene Auszahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes.

Einen konkreten Prozentsatz nannten die Chefverhandler auf Arbeitnehmerseite, Franz Georg Brantner und Manfred Wolf, wie üblich nicht. Dass die Metaller-Gewerkschaft bei den diesjährigen Verhandlungen mit einer Forderung von 5,5 Prozent mehr Lohn in den Ring stieg, war ein Novum. Um 4.00 Uhr in der Früh einigten sich die Sozialpartner heute nach einem 14-stündigen Verhandlungsmarathon auf ein Plus von im Schnitt 4,2 Prozent.

Metaller-Abschluss richtungsweisend

Der Abschluss erleichtert den Verhandlern im Handel den Auftakt, gelten doch die Lohnabschlüsse in der Metallindustrie als richtungsweisend für die gesamte Herbstlohnrunde. Jedoch hat der Handel bisher immer unter den Metallern abgeschlossen.

Rene Tritscher, Geschäftsführer der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, verwies im Gespräch mit der APA auf die unterschiedliche wirtschaftliche Situation zwischen Metallindustrie und Handel. Erst kürzlich präsentierte die Kammer eine Studie, wonach ein Drittel der Unternehmen Verluste macht und buchmäßig überschuldet ist. Handelsobmann Fritz Aichinger zweifelte, ob die Branche heuer mit einem ausgeglichenen Ergebnis aussteigt.

Und für 2012 müsse man sich noch wärmer anziehen, sagte er kürzlich. Die Gewerkschaft sieht das naturgemäß anders und spricht von einem zufriedenstellenden Bild, das die wirtschaftliche Lage im Handel aufweise.

Inflationsrate bei 2,8 Prozent

Für die Bewertung des Gehaltsabschlusses 2012 wird die Inflationsrate von Oktober 2010 bis September 2011 herangezogen. Diese lag bei 2,8 Prozent. Im vergangenen Jahr haben sich die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter im Handel nach der sechsten Verhandlungsrunde auf ein Gehaltsplus von 2 bis 2,3 Prozent und damit einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto geeinigt. 2008 war die Inflation ähnlich hoch wie heuer, damals wurden die Gehälter um 3,6 bis 3,7 Prozent angehoben. Diesmal sollen alle eine deutliche Gehaltserhöhung bekommen, eine Staffelung wie in den vergangenen Jahren sei nicht vorgesehen, betonte Gewerkschafter Wolf vor Journalisten.

Wer im Handel beschäftigt ist

Im Einzel- und Großhandel arbeiten in Summe rund 520.000 Menschen. 280.000 davon sind im Einzelhandel beschäftigt, drei Viertel sind Frauen. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten beträgt etwa 52.000. Vollzeitbeschäftigte verdienen nach Angaben der Gewerkschaft zwischen 1.300 und 1.450 Euro brutto pro Monat. Allerdings arbeiten mehr als die Hälfte Teilzeit.

Frauen im Fokus

Den Fokus legt die Gewerkschaft bei den diesjährigen Gesprächen auf die Anliegen der Frauen. Für die Karenzzeit (für Kindererziehung oder Hospiz) lassen sich derzeit maximal zehn Monate geltend machen - allerdings nur für die sechste Urlaubswoche, die Kündigungsfrist und die Entgeltfortzahlung beim Krankengeld, nicht aber für die Abfertigung, Sonderzahlungen oder Jubiläumsgelder. Während der Karenz fielen Frauen somit um wichtige Gehaltssprünge um, was aus Sicht der Gewerkschaft einer der Hauptgründe für die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen ist.

"Bei zwei Karenzen verliert eine Frau zwischen 50 und 200 Euro brutto pro Monat", schätzt Wolf. Zwar können freilich auch Männer in Karenz gehen, im Handel werde das aber kaum angenommen. "Derzeit ist bei Billa kein einziger Mann in Karenz, bei immerhin 17.000 Mitarbeitern", berichtete Maria Gluchmann, stellvertretende Vorsitzende im Billa-Betriebsrat.

Neuer Chefverhandler bei Arbeitgebern

Neo-Klubchef der Wiener ÖVP und Noch-Handelsobmann Fritz Aichinger hat der Forderung nach Anrechnung der Karenzzeiten bereits im Vorfeld eine Absage erteilt und betont, dieses Thema könne nicht auf KV-Ebene gelöst werden. Aichinger wird die diesjährigen KV-Verhandlungen übrigens nicht mehr führen. Der neue Chefverhandler auf Arbeitgeberseite wird am Mittwoch, im sozialpolitischen Ausschuss der Bundessparte gewählt.

(Ag.)

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