Medientheoretiker Friedrich Kittler ist tot

Medientheoretiker Friedrich Kittler
Medientheoretiker Friedrich Kittler(c) HU Berlin
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Er war einer der bedeutendsten und umstrittensten deutschen Kulturtheoretiker der Gegenwart. Am Dienstag ist Friedrich Kittler gestorben.

Der große deutsche Medientheoretiker Friedrich Kittler ist tot. Der 68-Jährige sei heute Morgen in Berlin verstorben, berichten mehrere deutsche Medien übereinstimmend. Schon mit seiner Habilitationsschrift "Aufschreibesysteme 1800 1900" profilierte er sich Mitte der Achtziger als Leitfigur der Medientheorie. Eine ganze Schule geht auf seine Ideen zurück - "Kittlerjugend" wird dieser Kreis genannt.

In seiner Medientheorie stellte Kittler materielle Grundlagen, die Trägermedien, ins Zentrum und reflektierte das Verhältnis von Denken und Zeichensystemen: Denn das Denken spiegle sich in seiner Technik wider. Was wir wissen, hänge entscheidend von unseren Kulturtechniken, unseren Medien ab, lautete eine seiner Thesen. Eine Philosophie könne folgend nicht eine von Materialität losgelöste Wissenschaft des "Geistes", der "menschlichen Existenz" oder der "Sprache" betreiben.

"Medien bestimmen unsere Lage, die (trotzdem oder deshalb) eine Beschreibung verdient", lautet eines seiner berühmtesten Zitate (Aus seinem zweiten Hauptwerk "Grammophon. Film. Typewriter", 1986). Den Menschen betrachtete Kittler als rechnende und programmierbare Maschine.

13 Gutachten für Habilitation

Geboren wurde der Medientheoretiker als Friedrich Adolf Kittler am 12. Juni 1943 in Rochlitz. 1958 zog die Familie nach Westdeutschland um. Von 1963 bis 1972 studierte Kittler Romanistik, Germanistik und Philosophie in Freiburg. Zum Skandal in der deutschen Geisteswissenschaft geriet seine Habilitationsschrift "Aufschreibesysteme 1800 1900" von 1984: Sie wurde erst beim 13. Gutachten angenommen. Wie kaum ein zweites Werk hat es in der deutschen Medienphilosophie Epoche gemacht.

Seit 1993 hatte er den Lehrstuhl für Ästhetik und Geschichte der Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin inne. Nach seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit Medien, Krieg und Technik stellte Kittler, inzwischen schwer krank, in den letzten Jahren das antike Griechenland ins Zentrum und referierte, auch in Wien, über die Liebe.


>>> "Presse"-Interview mit Friedrich Kittler

(her)

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