Berlusconi will das Demonstrationsrecht einschränken

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Den verhafteten Gewalttätern drohen harte Strafen von bis zu 15 Jahren Haft. Polizei rechnet mit neuen Ausschreitungen. Die linksextreme Szene hat sich in den vergangenen Monaten offenbar stark radikalisiert.

Rom. Die schweren Ausschreitungen während einer Demonstration gegen die Macht der Banken und Finanzmärkte in Rom haben Italiens Regierung aufgerüttelt: Sie plant eine massive Verschärfung der Sicherheitsgesetze. In Anlehnung an die Antiterrorismusgesetze der späten 70er-Jahre soll bei „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ das Demonstrationsrecht eingeschränkt und die Polizei mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet werden. Den verhafteten Gewalttätern drohen harte Strafen von bis zu 15 Jahren Haft. Roms Bürgermeister Gianni Alemanno hat für einen Monat sämtliche Demonstrationen untersagt – auch solche, die schon bewilligt waren.

Im Innenministerium und bei der Polizei geht man davon aus, dass es in den kommenden Wochen zu weiteren Ausschreitungen kommen könnte. Die einschlägige linksextreme Szene hat sich in den vergangenen Monaten offenbar wieder stark radikalisiert. Gegenüber italienischen Medien bekannten einige Autonome, ein Jahr lang bei griechischen „Genossen“ in die Lehre gegangen zu sein: „Sie haben uns beigebracht, dass der Guerillakampf eine Frage der Organisation ist“, sagte ein junger Mann. „Ich rede wie jemand, der im Krieg ist“, erklärte er.

Überforderte Polizei

Offenbar hatten die rund 500 bis 800 Mitglieder des aus ganz Italien angereisten „Schwarzen Blocks“ sowie vermutlich auch einige Rechtsextreme die Eskalation vom Samstag gezielt geplant und bestens vorbereitet. Viele hatten Gasmasken, Helme, Brandsätze und Wurfgeschosse dabei, außerdem waren entlang der gesamten Route durch die Innenstadt regelrechte Depots angelegt worden.

Die überwiegend jungen und männlichen Randalierer mischten sich in Gruppen unter die mindestens 200.000 „Empörten“. Binnen einer Stunde gelang es ihnen, den friedlichen Protestzug zum Kippen zu bringen. Sie setzten Autos in Brand, griffen Hotels, Banken und sogar eine Kirche an und lieferten sich stundenlange Straßenschlachten mit der Polizei. 20 Tonnen Pflastersteine sollen dabei im Einsatz gewesen sein, 125 Menschen, zum Großteil Polizisten, wurden verletzt, Sachschaden von bis zu fünf Mio. Euro angerichtet. Die überforderte Polizei griff zu spät und teilweise vollkommen panisch ein. Vor der Lateranbasilika ging sie mit Wasserwerfern gegen friedliche Demonstranten vor – und auch Polizisten warfen Steine.

Während zunächst nur zwölf Personen verhaftet wurden, ging Dienstag die Suche nach den Verantwortlichen weiter. Sondereinheiten der Polizei durchkämmen seit Montag Treffpunkte und Wohnungen von Autonomen. In Rom wurde am Dienstag ein 24-jähriger Student verhaftet, der in der Szene einschlägig bekannt ist und unter Verdacht steht, einer der Hauptverantwortlichen für die Ausschreitungen zu sein. Er hatte am Samstag mit nacktem Oberkörper einen Flammenwerfer geschwenkt und damit Polizisten angegriffen. Sein Bild ging um die Welt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2011)

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