Die Rechtsgrundlage dürfte ab März nicht mehr ausreichen, um Studiengebühren einzuheben, so der Verfassungsdienst im Kanzleramt.
Die SPÖ holt in puncto Studiengebühren zum Gegenschlag aus: Die Verfassungsrechtler im Bundeskanzleramt widersprechen dem Gutachten, das Wissenschaftsminister Karlheinz Töchtlerle (ÖVP) am Montag präsentierte. Die Kanzler-Juristen sind der Meinung, dass die Gebühren komplett entfallen, wenn sich die Regierung bis Ende Februar nicht auf eine neue Lösung einigt.
Nach der Aufhebung von Teilen des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) dürfte die Rechtsgrundlage nicht mehr ausreichen, um Gebühren einzuheben, so die Juristen in einer Stellungnahme an Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Laut Verfassungsdienst verlange der VfGH aber „gerade für das Studienbeitragsrecht einen besonders genaue gesetzliche Determinierung“. Eine solche fehle nach der Aufhebung von Teilen des Gesetzes aber.
Unis dürften, so die Kanzler-Juristen, "nur auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung" und nicht - wie von dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer im Gutachten für das Wissenschaftsministerium argumentiert - eines "autonomen Satzungsrechts" Satzungen erlassen (und damit eben etwa Studienbeiträge erlassen) können. Nicht zuletzt sei bei den Aufgaben des Rektorats von der "Einhebung der Studienbeiträge in der gesetzlich festgelegten Höhe" die Rede.
Töchterle sieht keinen Grund für Zweifel
Trotz des Gegengutachtens sieht Töchterle "keine wesentlichen Argumente" für Zweifel am Mayer-Gutachten. Mayer sei "der beste Kenner der Materie, sein Gutachten hat für uns Gewicht und wurde auch von mehreren Experten bestätigt", so der Uni-Minister. Wenn das Ergebnis des Verfassungsdienstes etwas zeige, so Töchterle, dann "jedenfalls, dass es zur Herstellung völliger Rechtssicherheit eine Neuregelung braucht, der sich die SPÖ bisher aber verschließt".
Studiengebühren
Die Studiengebühren wurden im Jahr 2008 mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen de facto abgeschafft. Gebührenbefreit sind Inländer und EU-Bürger, die innerhalb der Mindeststudiendauer plus zwei Toleranzsemester studieren. Wer länger braucht, muss 363,36 Euro pro Semester zahlen. Diese Regelung erklärte der Verfassungsgerichtshof im vergangenen Juni für rechtswidrig. Die Begründung: Das Gesetz regle nicht präzise genug, wann Studienbeiträge zu bezahlen sind und wann nicht. Denn laut Gesetz müssen Studenten nicht zahlen, solange die Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als zwei Semester überschritten wird. Die für die Regelung herangezogenen Studienabschnitte seien aufgrund des Bologna-Prozesses und der dadurch erfolgten Umstellung der Studien auf ein Bachelor- und Mastersystem ein Auslaufmodell. Bis Ende Februar hat die Regierung nun Zeit, um eine Neuregelung zu beschließen. Falls es keine Einigung geben sollte, dürfen die Unis autonom über die Gebühren bestimmen. Das besagt zumindest das Töchterle-Gutachten - dem die Juristen im Kanzleramt nun widersprechen.
(APA/Red.)