Was Maria Fekter sagte, und was sie leider nicht sagte

Die Finanzministerin schraubte in ihrer Budgetrede die Erwartungen in jeder Hinsicht weiter hinunter. Die Ankündigungen für notwendige Veränderungen blieben vage.

Es muss die Angst vor dem Zahlenwerk sein. Die Budgetrede war bei fast jedem Finanzminister ein Sammelsurium an mehr oder wenigen hinkenden Vergleichen und gestelzten Sprachbildern: Karl-Heinz Grasser, legendärer Minister für (Eigen-)Reklame, verwendete Zitate aus Werbespots. Es stimmt theoretisch, dass ein guter Tag mit einem ausgeglichenen Budget beginne, wie er sagte. Nur leider passierte das nur ein Mal und vor allem aufgrund von Einmaleffekten und mittels Drehens an der Steuerschraube – nicht wegen der Beseitigung des strukturellen Budgetdefizits.

Es wäre zumindest die richtige Richtung gewesen, in die auch seine Nachfolger Wilhelm Molterer und Josef Pröll gingen – aber nur rhetorisch. Pröll, der Jüngere, scheiterte politisch an seiner letzten Rede: Es war die Verschiebung der Budgetpräsentation aus Rücksicht auf Wahlkämpfe in der Steiermark und in Wien, die seinen Kotau vor Parteitaktik und den Landeshauptleuten zeigten. Und der ihm bei seinem eigenen Onkel Erwin Pröll dennoch nichts nützte.

Maria Fekter legte es am Mittwoch zurückhaltend bis hölzern-einschläfernd an. Sie verwendete das Bild des Steuermanns auf rauer See, das Regierungsmitglieder schon seit einigen Monaten malen. „Wir sind der Krise noch nicht entwischt“, sagte Fekter über das „stürmische Tief“ der vergangenen Jahre. „Die Republik ist auf sicherem Kurs, auch wenn die Zeiten auf hoher See härter werden sollten.“ Die Finanzkrise ist demnach ein böser Orkan, mittendrin segelt die Fregatte Österreich, mit ruhiger – oder je nach Sichtweise: schlaffer – Hand steuern Kapitän, Offiziere und Kadetten mittendurch. Auf den Rest der Besatzung vergessen Maria Fekter, Werner Faymann und das Offizierskorps gern. Die Matrosen, die im Sturm Segel setzen und einholen dürfen, müssten laut der Regierungsmetaphorik also die Steuerzahler sein, die das Schiff auf Kurs gehalten haben und das weiter übernehmen dürfen.

Natürlich versuchte die Finanzministerin, die aufsteigende Panik vor einer weiteren Finanz- und Wirtschaftskrise zu zerstreuen, indem sie viel von Stabilität und Sicherheit erzählte: Wenn Fekter ganz ehrlich wäre, hätte sie das aber nicht versprechen dürfen. Denn die Wahrheit ist, dass derzeit keiner Stabilität für Währung, Wirtschaft und Erspartes garantieren kann. Fekters budgetärer Spielraum für eine weitere Krise ist zudem gering: Noch einmal lassen sich nicht große Konjunkturpakete und Bankenhilfen und Griechenland-(oder-Italien-Spanien-)Finanzspritzen aufstellen.

Eine der großen Ängste spielte Fekter herunter: „Auch wenn derzeit die Inflationsraten hoch sind, wird das in ein paar Monaten schon anders sein. Die schwächere Konjunktur, eventuell auch sinkende Rohölpreise werden die Teuerung dämpfen.“ Gewagte These. In Europa wurde so viel Geld gedruckt, die Schuldenberge, die abgebaut werden müssen, sind so groß, dass eine höhere Inflationsrate für Finanzminister zwecks Abbaus verlockend sein dürfte. Zumal Lohnabschlüsse wie jene der Metaller über der Inflationsrate diese antreiben.

Einigermaßen ärgerlich waren Fekters zeitlich durchaus ausführliche Erläuterungen im Nationalrat, als sie von einschneidenden Maßnahmen in Europa sprach, ohne sie auch nur annähernd zu beschreiben. Auch bei den von allen Experten geforderten Reformen im Pensionsrecht blieb sie vage: Gegen die hohe Zahl an Frühpensionisten müsse etwas unternommen werden – man dürfe sich da nicht in den Sack lügen. Damit meinte sie hoffentlich nur die Bundesregierung – außerhalb dieses Zirkels herrscht längst die Gewissheit, dass der Generationenvertrag so nicht länger hält. Fekter versprach auch eine Steuerform mit dem hehren Ziel, dass jeder in seinem Leben selbst Regie führen könne. Darunter könnte man die Einführung einer zehnprozentigen Flat Tax für alle verstehen, aber Fekter ging leider nicht ins Detail.

Es war Prölls Verdienst, dass er de facto eine Budgetfortschreibung als Vermächtnis hinterlassen hat. Mit dieser sind die Ausgaben – zumindest bis zu einem gewissen Grad – begrenzt.

Maria Fekter hätte also auch sagen können: Ich erledige hier nur Josef Prölls Job. Aber leider gelang ihr das am Mittwoch auch nicht wirklich. Sie repräsentierte diese Regierung und ihre Agonie mit ihrer Rede allerdings geradezu perfekt.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2011)

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