Spekulation auf dumme Bürger

Das EU-Verbot von CDS ist ein gut verkaufter Unsinn – samt Absicherung für die Politik.

Es war fürwahr keine leichte Aufgabe für Europas Eliten. Dabei war doch längst ein toller Sündenbock für die Schulden-Bredouille gefunden: Nicht weil sie gewissenlos gewirtschaftet haben, drohen die Problemstaaten pleitezugehen. Sondern weil gewissenlose Spekulanten mit Kreditausfallsversicherungen auf ihren Bankrott wetten. Also werden diese teuflischen, ungedeckten CDS jetzt verboten. Freilich weiß man auch in Brüssel, dass da so manches nicht stimmt. Eine in Auftrag gegebene Untersuchung, die sich leider nicht vertuschen ließ, hatte die Spekulanten blöderweise freigesprochen.

Und das Verbot? „Gute“ Absicherung ist nicht von „böser“ Spekulation zu trennen. Ein Anleihenbesitzer, der sich bei einer Bank gegen einen Ausfall absichert, ist gut. Aber ist die Bank böse? Sie will, wie jeder Versicherer, ihr Risiko reduzieren und sich auf dem Markt rückversichern. Das macht sie, ohne die Anleihe zu besitzen – was ihr nun verboten wird. Mit dem Erfolg, dass Absicherungen gar nicht mehr angeboten werden und die Märkte für die Anleihen selbst austrocknen.

Halt, haben da einige Regierungen messerscharf erkannt: Dann steigen ja wieder die Zinsen auf unsere Bonds! Doch es wäre nicht Europa, ließe sich dieser Knoten nicht durchhauen: Man verkauft den Sieg über die gierigen Zocker – und erlaubt im Kleingedruckten einzelnen Staaten, das Verbot „auszusetzen“. Sicher, nur unter komplizierten Vorgaben, aber da steigt eh jeder aus. Die EU wettet also auf die Dummheit ihrer Bürger. Wollen wir hoffen, dass sich diese Wette als Fehlspekulation erweist.

karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2011)

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