Die SPÖ widerspricht mit zwei Gutachten dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Ihr Fazit: Es gibt keine rechtliche Basis für Gebühren ab März. Auch der ehemalige VfGH-Präsident Korinek ist dieser Meinung.
Die SPÖ legt beim Streit um Studiengebühren nach: Mit zwei Gutachten widerspricht sie dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer, der die Rechtslage für das ÖVP-Wissenschaftsministerium analysiert hatte. Doch Mayer bleibt bei seiner Auffassung: Seiner Meinung nach können die Unis ab März nach Gutdünken Gebühren einheben, wenn sich die Regierung bis dahin nicht auf eine neue gesetzliche Regelung einigt.
Die beiden neuen Gutachten kommen zu einem völlig anderen Schluss. Die Juristen Theo Öhlinger und Werner Hauser bestätigen: Für die Einhebung von Studiengebühren reiche die gesetzliche Basis ab März nicht mehr aus. Sie teilen damit die Meinung des Verfassungsdiensts im Bundeskanzleramts, der sich in einer Stellungnahme am Mittwoch ähnlich geäußert hatte.
Braucht gesetzliche Neuregelung
Für Öhlinger ist "unverständlich, wie man zu diesem Schluss kommen kann". Er sei sich "wie selten sicher", dass die Unis ohne entsprechendes Gesetz keine Studiengebühren einheben können, sagte er im Ö1-Mittagsjournal. "Nach wie vor steht im Gesetz ausdrücklich, dass die Einhebung der Studienbeiträge durch eine Verordnung des Ministers zu regeln ist, dass das also keine Angelegenheit des autonomen Wirkungsbereichs der Universitäten ist", betonte er, aus dessen Sicht die Rechtslage "recht eindeutig" ist.
Ähnlich äußert sich Hauser, Spezialist für das Universitätsorganisationsgesetz und Jurist an der FH Joanneum in Graz: Vor diesem Hintergrund bleibe "kein Raum für eine Möglichkeit zur Etablierung von dezentralen universitären Studiengebühren im Rahmen der Universitätsautonomie", schreibt er in seiner Stellungnahme.
Mayer: "Lässt mich nicht zweifeln"
Heinz Mayer, Dekan der juristischen Fakultät an der Uni wien, der das Gutachten für das Wissenschaftsministerium erstellte, zeigt sich angesichts der Kritik unbeeindruckt. Es handle sich um eine politisch umstrittene Frage, wo jeder versuche, seinen Standpunkt zu untermauern, so Mayer im Ö1-Mittagsjournal. "Keines der Gutachten hat ein Argument gebracht, das mich zweifeln lässt."
Der ehemalige VfGH-Präsident Karl Korinek hat sich unterdessen gegen die Vorgangsweise von Wissenschaftsminister Töchterle ausgesprochen. Anlässlich eines Festaktes zu "90 Jahre Arbeiterkammern" am Donnerstag meinte er, Universitäten dürften nicht ohne gesetzliche Grundlage Gebühren einheben, ebensowenig wie die Kammern ihre Umlagen. "Tut mir leid, dass ich das sagen muss, denn ich bin ja gar nicht so gegen Studiengebühren", so Korinek, "nur man soll mit dem Verfassungsrecht seriös umgehen."
Studiengebühren
Die Studiengebühren wurden im Jahr 2008 mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen de facto abgeschafft. Gebührenbefreit sind Inländer und EU-Bürger, die innerhalb der Mindeststudiendauer plus zwei Toleranzsemester studieren. Wer länger braucht, muss 363,36 Euro pro Semester zahlen. Diese Regelung erklärte der Verfassungsgerichtshof im vergangenen Juni für rechtswidrig. Die Begründung: Das Gesetz regle nicht präzise genug, wann Studienbeiträge zu bezahlen sind und wann nicht. Denn laut Gesetz müssen Studenten nicht zahlen, solange die Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als zwei Semester überschritten wird. Die für die Regelung herangezogenen Studienabschnitte seien aufgrund des Bologna-Prozesses und der dadurch erfolgten Umstellung der Studien auf ein Bachelor- und Mastersystem ein Auslaufmodell. Bis Ende Februar hat die Regierung nun Zeit, um eine Neuregelung zu beschließen. Falls es keine Einigung geben sollte, dürfen die Unis autonom über die Gebühren bestimmen. Das besagt zumindest das Töchterle-Gutachten - dem von der SPÖ beauftragte Juristen nun widersprechen.
(Red.)