Die Idee, Ratings zu verbieten, ist lediglich ein plumpes Ablenkungsmanöver.
Den Überbringer schlechter Nachrichten zu bestrafen, war seit jeher ein beliebtes Mittel der Mächtigen. So wollte schon Kleopatra dem Boten mit der Nachricht von der Heirat Marc Antons die Augen herausschneiden lassen. Geändert hätte das freilich nichts.
EU-Kommissar Michael Barnier will den Ratingagenturen zwar keine physischen Verletzungen zufügen. Sie sollen jedoch Urteile über angeschlagene EU-Staaten nicht mehr veröffentlichen dürfen. Nicht nur, dass das de facto ein Arbeitsverbot wäre, es würde auch an der unerfreulichen Situation der betroffenen Länder nichts ändern.
Die Probleme dieser Staaten hängen nämlich nicht damit zusammen, dass sich böse Amerikaner an der Wall Street gegen sie verschworen hätten, wie hierzulande gern insinuiert wird. Diese Länder haben schlicht und einfach ihre wirtschaftspolitischen Hausaufgaben nicht erledigt und über ihre Verhältnisse gelebt.
Dass diese Staaten nun Probleme haben, ihre Schuldenpartys weiter zu finanzieren, hängt auch nicht damit zusammen, dass die „Finanzmärkte verrückt spielen“. Die Investoren – etwa Pensionsfonds – haben indes das Vertrauen verloren, ihr gutes Geld von diesen Ländern je wieder zurückzubekommen.
Daher sollte sich die Politik auf echte Reformen konzentrieren, die dieses Vertrauen wieder schaffen könnten. Und nicht auf plumpe Ablenkungsmanöver.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2011)