Mobilfunk: Nokias Handygeschäft lahmt

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Nokia verkauft im vergangenen Quartal fast 40 Prozent weniger Smartphones und macht 68 Millionen Euro Verlust. Der Nettoumsatz brach im vergangenen Quartal um 13 Prozent auf knapp neun Mrd. Euro ein.

Espoo/Auer/Ag. Verkehrte Handywelt: Da legt Apple eben erst ein Rekordjahr hin und Analysten wie Investoren rümpfen enttäuscht die Nase. Wenn aber Nokia, der einstige Weltmarktführer der Branche, tags darauf zugeben muss, dass ihm sein Kerngeschäft langsam wegschmilzt und in den letzten drei Monaten 68 Mio. Euro verbrannt wurden, feiern die Börsianer das wie einen Befreiungsschlag. Der Nettoumsatz brach im vergangenen Quartal um 13 Prozent auf knapp neun Mrd. Euro ein. Die Aktien des finnischen Geräteherstellers sprangen hingegen am Donnerstag auf der Börse um elf Prozent auf den höchsten Wert seit fünf Monaten.

Natürlich gibt es Gründe dafür, warum selbst ein tiefrotes Quartal die Anleger zu einem kleinen Kaufrausch verleitet. Der einfachste lautet: Ein Minus von 68 Mio. Euro ist eben immer noch deutlich besser als die 229 Mio. Euro Verlust, mit denen die Analysten ursprünglich gerechnet haben.

Auf der anderen Seite zeigen die Zahlen aber auch eines ganz klar: Nokia verdient mit dem Verkauf von Handys immer weniger Geld. Schließlich hat das Unternehmen noch vor einem Jahr im selben Zeitraum 529 Mio. Euro Gewinn erwirtschaftet. Die Tatsache, dass die Finnen 90 Mio. Billighandys verkaufen könnten, immerhin acht Prozent mehr als vor einem Jahr, hat sich kaum positiv ausgewirkt. Denn in diesem Segment machen Gerätehersteller kaum noch Gewinne. Die Gerätepreise der Billighandys sind im Vorjahr von 40 auf 32 Euro gefallen.

Hoffen auf Windows Phone

Auf dem lukrativen Zukunftsmarkt für Smartphones hat Nokia unterdessen keinen Fuß auf den Boden bekommen. Im Gegenteil: Hier setzte es im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Minus von 39 Prozent. Dem Vormarsch der Rivalen von Apple mit seinem iPhone bis zu Herstellern von Handys, die mit dem Google-Betriebssystem Android funktionieren, hat Nokia derzeit nichts entgegenzusetzen.

Alle Hoffnungen von Nokia-Chef Stephen Elop liegen am kommenden Weihnachtsgeschäft. Ende des Monats will das Unternehmen endlich die ersten Geräte vorstellen, die nicht mehr mit dem hauseigenen Betriebssystem Symbian, sondern mit Windows Phone laufen sollen. Erst im Februar hatte der Hersteller seine Strategie auf die Software des neuen Partners Windows Mobile neu ausgerichtet. Zwar hat auch das mobile Betriebssystem von Microsoft derzeit noch keinen relevanten Platz auf dem Markt erobert, Beobachter gehen aber davon aus, dass der Softwareriese mit der Zeit ein Fünftel des Marktes beherrschen könnte.

In einigen Ländern sollen die neuen Geräte noch in diesem Jahr auf den Markt kommen, versprach Stephen Elop. In großem Stil wird das aber erst 2012 der Fall sein. Nokia dürfte also auch das heurige Weihnachtsgeschäft verpassen und kann frühestens im nächsten Jahr auf eine echte Trendwende hoffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2011)

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